Was hängt denn da? Eine neue „Mesusa“ am Eingang zur Synagoge in Abterode

An der Tür zum Kinderzimmer hängen manchmal Schilder, auf denen der Name des Kindes steht, das in dem Zimmer wohnt. Hin und wieder gibt es auch Aufkleber wie „Erwachsene müssen draußen bleiben“. Manchmal hängt man sich auch einen Zettel zur Erinnerung an die Tür: „Schlüssel nicht vergessen!“

Ein bisschen ähnlich ist es mit einer „Mesusa“. Sie wird auch am Eingang eines Hauses, einer Wohnung oder eines Zimmers angebracht. Allerdings nicht auf der Tür, sondern am Türrahmen. Sie hat auch nicht die Form eines Schildes, sondern ist eine Kapsel. Doch diese Kapsel enthält eine wichtige Botschaft. In der Kapsel ist ein Stück Pergament eingerollt, auf dem Worte aus dem Fünften Buch Mose geschrieben stehen (das sogenannte „Schma Jisrael“): „Höre, Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr allein. Und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft. Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollst du zu Herzen nehmen und sollst sie deinen Kindern einschärfen und davon reden, wenn du in deinem Hause sitzt oder unterwegs bist, wenn du dich niederlegst oder aufstehst. Und du sollst sie binden zum Zeichen auf deine Hand, und sie sollen dir ein Merkzeichen zwischen deinen Augen sein, und du sollst sie schreiben auf die Pfosten deines Hauses und an die Tore.

Am Eingang zur Frauenempore der Abteröder Synagoge hing einst eine solche „Mesusa“, wie man noch an den Spuren auf dem Stein erkennen kann. Vermutlich wurde sie bei dem Pogrom gegen die Juden am 8. November 1938 zerstört und entfernt. Manuel Pelz, Mitglied im Vorstand des Vereins der Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis, hatte nun die Idee, dort eine neue „Mesusa“ anzubringen. Nachdem das handgeschriebene Papier mit dem „Schma Jisrael“ in der Kapsel verschlossen worden war, wurde die Kapsel an der Wand angebracht. Anschließend sprach Manuel Pelz dazu einen hebräischen Segen: „Baruch ata Ado-naj, Elohenu, Melech Haolam, ascher kideschanu bemizwotaw, weziwanu likboa Mesusa“ (Gesegnet seist Du, G-tt, unser G-tt, ewiger König, der uns geheiligt hat mit seinen Geboten und uns befohlen hat, eine Mesusa anzubringen).

Immer wenn man das Haus betritt oder verlässt, sieht man die Mesusa und wird an die Worte aus dem Fünften Buch Mose erinnert. Die Worte des „Schma Jisrael“ befinden sich übrigens nicht nur in der Mesusa, sondern auch in einem kleinen schwarzen Kästchen, das jüdische Männer beim Gebet auf der Stirn tragen. Auf diese Weise soll die Botschaft niemals vergessen werden.

Wie ernst die Mesusot genommen wurden, zeigt eine Bestimmung des Landtages der Juden in Spangenberg über den Jahreswechsel 1729/30: „Da das ungebildete Volk nicht darauf achtet, dass die Tefillin und Mesusot geöffnet und nachgesehen werden und diese daher größtenteils rituell untauglich sind, man sie auch auf dem vergangenen Landtag nicht hat öffnen lassen, so kommt man zur Übertretung des Verbots des Aussprechens ungültiger Segenssprüche.
Es sollen daher die im Lande wohnenden Toraschreiber – R. Salman und Nathan in Abterode und Eisik Eschwege und der Junggeselle Feibesch aus Abterode – im Lande umherziehen, d.h. die Klassen (Gebiete) auslosen und die Tefillin derjenigen, die sie beim Landtag 1729 nicht geöffnet haben, inspizieren und desgleichen die Mesusot an den Haustüren. … Die Toraschreiber sollen sich hüten, mehr zu nehmen als die festgesetzten Gebühren und insbesondere ‚des Herrn Werk nicht lässig tun‘.