Archiv: Apr 2022

  1. Landrätin Nicole Rathgeber besucht Synagoge Abterode

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    14 jüdische Gemeinden mit eigenen Synagogen, Schulen und Friedhöfen gab es bis 1933 im Gebiet des heutigen Werra-Meißner-Kreises. Seit dem 17. Jahrhundert lebte eine starke jüdische Minderheit im Werraland. In der Zeit des Nationalsozialismus wurden Jüdinnen und Juden jedoch entrechtet und vertrieben. Wer nicht fliehen konnte oder wollte, wurde in Konzentrationslager deportiert und umgebracht. Heute gibt es keine jüdische Gemeinde mehr im Werra-Meißner-Kreis.

    Landrätin Rathgeber informierte sich in der ehemaligen Synagoge in Abterode ausführlich über die jüdische Geschichte in der Region. Dort hat der Verein der Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens einen Lern- und Gedenkort eingerichtet. Dr. Martin Arnold, Ludger Arnold, Dr. Lutz Bergner und Friedhelm Junghans berichteten über die Arbeit des Vereins, der seit 2019 das jüdische Leben in der Region dokumentiert und die Erinnerungskultur pflegt. „Wir wenden uns besonders an Kinder und Jugendliche“, erläuterte Ludger Arnold, „um sie widerstandsfähig zu machen gegen das Gift des Antisemitismus.“ Dazu verwendet der Verein vor allem digitale Medien, etwa eine „Actionbound“-App für einen Rundgang durch das jüdische Abterode oder eine virtuelle Brille, mit der man das Innere der ehemaligen Synagoge Eschwege vor der Zerstörung erkunden kann. „Wir arrangieren aber auch Begegnungen mit Jüdinnen und Juden“, ergänzte Martin Arnold, „denn Gott sei Dank gibt es auch heute wieder jüdisches Leben.“ Friedhelm Junghans informiere über die Entwicklung des noch jungen Vereins, der inzwischen 73 persönliche Mitglieder hat, dem aber auch viele Institutionen angehören wie etwa der Werra-Meißner-Kreis, der Evangelische Kirchenkreis, der Verein Aufwind, sechs Kommunen, sechs Kirchengemeinden und drei Schulen. Lutz Bergner bat Landrätin Rathgeber insbesondere um Unterstützung bei den Bemühungen des Vereins, die ehemalige Synagoge in Harmuthsachsen vor dem Verfall zu retten. „Ich danke dem Verein für seine wichtige Arbeit, die wirklich Unterstützung verdient“, so Rathgeber. Insbesondere das Thema Antisemitismus liege ihr sehr am Herzen.

  2. Das Leiden Jesu und das Leiden der Juden

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    „Orte der Passion“ war das Thema einer Reihe von Andachten, zu denen die evangelischen Kirchengemeinden der Region Meißner-Berkatal eingeladen hatten. Ist die Synagoge Abterode ein Ort der Passion? „Ja natürlich“, sagte Ludger Arnold, Präses der evangelischen Kreissynode, „insofern Juden viel erleiden mussten.“ Auch in Abterode kam es zur Diskriminierung und Vertreibung von Juden. Allein 77 in Aberode geborene oder dort länger wohnhafte Jüdinnen und Juden wurden während der Zeit des Nationalsozialismus ermordet. Aber darf man in einer ehemaligen Synagoge, einem jüdischen Gotteshaus, eine christliche Andacht halten? „Darf man“, sagte Dr. Martin Arnold, ehemaliger Dekan des Evangelischen Kirchenkreises Eschwege. „Jesus war Jude. Er ist als Jude geboren, hat als Jude gelebt und ist als Jude gestorben. Auch seine Jünger waren Juden. Aber wir können es nur im Respekt vor jüdischem Leben und im Wissen um das, was Juden zu erleiden hatten.“

    Ludger Arnold wies darauf hin, dass die Kirchen ihre Haltung zum Judentum nach dem Holocaust verändert haben. „Wir haben verstanden, wohin der Hass gegen Juden führen kann, und dass wir in der Vergangenheit auch Hass auf Juden geweckt und verstärkt haben.“ Nun habe aber auf allen Ebenen ein Lernprozess begonnen. „Wir beten zu einem Gott“, so Martin Arnold, „und uns verbindet die Hoffnung, dass Gott seine Schöpfung zur Vollendung führen wird.“ Etwa 20 Männer und Frauen waren gekommen, um die Andacht mitzufeiern. Sie sammelten Spenden für die Menschen in der Ukraine und für alle, die von dort wegen dem Krieg geflohen sind. Die Andacht schloss mit dem Segen, der jüdischen und christlichen Gottesdiensten gemeinsam ist: „Der HERR segne dich und behüte dich. Er lass Sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Er erhebe Sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.“

  3. Kinder entdecken jüdisches Leben in Abterode

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    25 Jungen und Mädchen aus der 4. Klasse der Frau-Holle-Schule in Abterode besuchten die dortige Synagoge. Noch keines der Kinder hatte die Synagoge von innen gesehen. Mit großem Interesse hörten sie, wie Dr. Martin Arnold vom Verein der Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens ihnen von dem jahrhundertelangen jüdischen Leben in Abterode, aber auch von der Vertreibung und Auslöschung der Gemeinde in der Zeit des Nationalsozialismus erzählte. Am Beispiel einer Pergament-Rolle des biblischen Buches Ester, die in der Synagoge gefunden wurde, hörten die Kinder, wie die schlaue Ester ihr Volk vor einem Pogrom in der Perserzeit rettete. Diese Geschichte steht im Mittelpunkt des Purim-Festes, das alljährlich im Frühjahr in den jüdischen Gemeinden gefeiert wird. Auch viele andere Fotos und Gegenstände im Lern- und Gedenkort Synagoge Abterode weckten das Interesse der Kinder. „Dann müsst Ihr noch mal wieder kommen“, sagte Arnold. Schulklassen, Konfirmandengruppen, aber auch sonstige Gruppen können sich unter info@synagoge-abterode.de oder Tel. 05651-339281 zu einer Führung anmelden.

  4. Paul Lieberknecht stand in der NS-Zeit verfolgten Christen jüdischer Herkunft bei

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    Ein „Paul-Lieberknecht-Weg“ erinnert neuerdings in Kassel an einen aus Eschwege stammenden Pfarrer, der in der NS-Zeit Christen jüdischer Herkunft unterstützte. Im NSDAP-Hetzblatt „Der Stürmer“ wurde Lieberknecht in Verunglimpfung seines Namens auch als „Judenknecht“ bezeichnet, weil er im Jahr 1938 zwei Kinder einer in Kassel bekannten „nichtarischen“ Familie konfirmiert hatte.

    Lieberknecht war im Jahr 1886 in Eschwege geboren. Sein Vater hatte es dort mit einem Kolonialwarengeschäft zu Wohlstand gebracht. Nach dem Abitur an der Friedrich-Wilhelm-Schule in Eschwege studierte Lieberknecht evangelische Theologie in Berlin und in Marburg. Von 1925 bis 1941 war er Gemeindepfarrer an der Kreuzkirche in Kassel. Dort engagierte er sich mit der „Bekennenden Kirche“ gegen das Vordringen völkischer Umformungen des christlichen Glaubens durch nationalsozialistisch eingestellte Amtskollegen. Dort war er auch „Vertrauensmann“ der „Kirchlichen Hilfsstelle für evangelische Nichtarier“. Deswegen wurde er auch von der Geheimen Staatspolizei überwacht. Als er wegen Ehescheidung das Pfarramt niederlegen musste, trat er aus der Evangelischen Kirche aus, führte aber seine seelsorgerliche Arbeit fort. Nach Kriegsende bemühte er sich um den Wiedereintritt in die Evangelische Kirche und um die Fortsetzung seines Pfarrdienstes. Dies wurde ihm jedoch verwehrt. Er starb am 1. April 1947, also vor fast genau 75 Jahren.

    Die Evangelische Kreuzkirchengemeinde in Kassel ehrt Paul Lieberknecht mit einer Gedenktafel. Im Namen der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck würdigte Dr. Michael Dorhs sein mutiges Eintreten gegen den Nationalsozialismus und für die verfolgten Christen jüdischer Herkunft. Zugleich bedauerte er die harte und unbarmherzige Haltung der Kirchenleitung gegenüber Lieberknecht. Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle begrüßte die Initiative der Kreuzkirchengemeinde und des Stadtteiles, mit einem öffentlichen Zeichen an Paul Lieberknecht zu erinnern.

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