Das Leiden Jesu und das Leiden der Juden

„Orte der Passion“ war das Thema einer Reihe von Andachten, zu denen die evangelischen Kirchengemeinden der Region Meißner-Berkatal eingeladen hatten. Ist die Synagoge Abterode ein Ort der Passion? „Ja natürlich“, sagte Ludger Arnold, Präses der evangelischen Kreissynode, „insofern Juden viel erleiden mussten.“ Auch in Abterode kam es zur Diskriminierung und Vertreibung von Juden. Allein 77 in Aberode geborene oder dort länger wohnhafte Jüdinnen und Juden wurden während der Zeit des Nationalsozialismus ermordet. Aber darf man in einer ehemaligen Synagoge, einem jüdischen Gotteshaus, eine christliche Andacht halten? „Darf man“, sagte Dr. Martin Arnold, ehemaliger Dekan des Evangelischen Kirchenkreises Eschwege. „Jesus war Jude. Er ist als Jude geboren, hat als Jude gelebt und ist als Jude gestorben. Auch seine Jünger waren Juden. Aber wir können es nur im Respekt vor jüdischem Leben und im Wissen um das, was Juden zu erleiden hatten.“

Ludger Arnold wies darauf hin, dass die Kirchen ihre Haltung zum Judentum nach dem Holocaust verändert haben. „Wir haben verstanden, wohin der Hass gegen Juden führen kann, und dass wir in der Vergangenheit auch Hass auf Juden geweckt und verstärkt haben.“ Nun habe aber auf allen Ebenen ein Lernprozess begonnen. „Wir beten zu einem Gott“, so Martin Arnold, „und uns verbindet die Hoffnung, dass Gott seine Schöpfung zur Vollendung führen wird.“ Etwa 20 Männer und Frauen waren gekommen, um die Andacht mitzufeiern. Sie sammelten Spenden für die Menschen in der Ukraine und für alle, die von dort wegen dem Krieg geflohen sind. Die Andacht schloss mit dem Segen, der jüdischen und christlichen Gottesdiensten gemeinsam ist: „Der HERR segne dich und behüte dich. Er lass Sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig. Er erhebe Sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.“