Archiv: Mai 2023

  1. Der Duft der Mutter

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    Erinnerungen an eine Kindheit im Iran

    Behjad Mehdizadeh

    Zu einem interkulturellen Abend hatten die „Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens“, der Ausländerbeirat Eschwege, das Evangelische Forum Werra-Meißner und die Evangelische Familienbildungsstätte Werra-Meißner eingeladen. Behjat Mehdizadeh, eine 1957 im Iran geborene Schriftstellerin, las aus ihrem Buch „Unter dem Tschador meiner Mutter“. Der Tschador ist ein großes, meist dunkles Tuch, das vor allem von Frauen im Iran als Umhang um Kopf und Körper gewunden wird und lediglich das Gesicht oder Partien des Gesichtes frei lässt. Für das Mädchen, von dem Behjad Mehdizadeh erzählt, symbolisiert er die emotionale Nähe und Geborgenheit zu ihrer Mutter. Sehr anschaulich und sinnlich beschreibt sie, wie der Tschador gewaschen wird, wie die Mutter im Tschador betet oder wie sie ihre Mutter bei der Geburt eines Geschwisterkindes zum ersten Mal ohne Tschador erblickt. Die Lesung wurde bereichert durch persisch-orientalische Musik. Samira Mamarzadeh spielte auf der Harfe und Markus Wach auf der Setar und der Kamancheh. Die etwa 55 Besucherinnen und Besucher wurden mit einem Tee zu der Veranstaltung begrüßt und hatten nach der Lesung Gelegenheit, bei einem orientalischen Imbiss miteinander ins Gespräch zu kommen. „Ein sehr bewegender Abend, ergreifende Literatur, wunderschöne Musik“, sagte ein Besucher. Bernd Helbach von den Freundinnen und Freunden jüdischen Lebens ergänzte: „Auch für unseren Verein (FFJL) ist Erinnerungsarbeit und biografische Recherche von zentraler Bedeutung. Wir verstehen diese Arbeit jedoch auch interkulturell, anders ist das vielleicht heute gar nicht mehr möglich. Uns alle hier verbindet die Arbeit für ein gutes und respektvolles Zusammenleben in der Vielfalt der Kulturen.“

    Bernd Helbach und Ainaz Bazanjideh

  2. Wie Jérôme Bonaparte, König von Westfalen in Kassel, Juden gleiche Rechte zusprach

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    Juden sollten dieselben Rechte und Freiheiten genießen wie alle anderen Untertanen: Diese revolutionäre Neuerung verkündete Jérôme Bonaparte im Jahr 1808 in einem sogenannten „Emanzipationsdekret“. Über Jahrhunderte hinweg waren Jüdinnen und Juden in Hessen diskriminiert worden. Jetzt, unter französischer Herrschaft, sollten alle gleich sein. An dieses besondere Ereignis erinnerte Martin Arnold vom Verein der „Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis“ die französischen Besucherinnen und Besucher aus Landivisiau in der Bretagne. Im Rahmen eines Besuches in ihrer Partnerstadt Bad Sooden-Allendorf informierten sie sich auch über die jüdische Geschichte in der Region Werra-Meißner.
    Auch wenn die französische Herrschaft nur wenige Jahre dauerte und mit der Rückkehr des hessischen Kurfürsten auch die alten diskriminierenden Bestimmungen zurückkehrten, blieb der Gedanke der „Gleichheit“ vor dem Gesetz in der Welt. Tatsächlich erlangten Jüdinnen und Juden im 19. Jahrhundert gleiche Rechte. Und so konnte der in Abterode geborene Gumpert Bodenheim in Allendorf eine Papierwarenfabrik aufbauen, die bald zum Weltmarktführer aufstieg und vielen Allendörfern gute Arbeit bot.
    Auf die Emanzipation folgte jedoch die Vernichtung der jüdischen Gemeinden in der Zeit des Nationalsozialismus. Erschrocken zeigten sich die Gäste über den Antisemitismus und die Pogrome in jener Zeit. Mit einem Gang über den großen jüdischen Friedhof in Abterode schloss die Spurensuche der französischen Gäste.

  3. Steine und Blumen erinnern in Herleshausen an die Opfer des Nationalsozialismus

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    Schülerinnen und Schüler der Südringgauschule Herleshausen legten für die 48 jüdischen Opfer des Nationalsozialismus aus Herleshausen Steine auf dem jüdischen Friedhof ab. So wird die Trauer in der jüdischen Gemeinschaft zum Ausdruck gebracht. Anschließend legten sie Nelken auf die Gräber der 1593 Kriegsgefangenen aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion, die auf dem Friedhof gleich nebenan begraben liegen. So entspricht es dem Brauch in Russland.

    Der „Arbeitskreis Stolpersteine“ in Herleshausen und die „Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis“ hatten gemeinsam zu dieser Gedenkveranstaltung eingeladen. Die sowjetischen Kriegsgefangenen, die 1942 bis 1945 im „Stalag IX“ (= Stammlager; es reichte von Bad Orb über Kassel bis nach Bad Sulza/Thüringen) an Tuberkulose erkrankten, wurden in ein dafür eingerichtetes „Seuchenlager“ an der Straße nach Frauenborn gebracht, wo sie durch mangelnde Versorgung gestorben sind. Sie wurden zum Teil auf dem jüdischen Friedhof in Herleshausen bestattet. „Der 9. Mai 1945 war nicht nur der Tag des Kriegsendes, sondern für Jüdinnen und Juden auch der Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus“, sagte Martin Arnold von den Freundinnen und Freunden jüdischen Lebens. Helmut Schmidt engagiert sich mit dem Arbeitskreis Stolpersteine seit Jahren für eine Gedenkkultur sowohl hinsichtlich der jüdischen Opfer des Holocaust aus Herleshausen als auch für das Gedenken an die dort begrabenen Kriegsgefangenen, die sowohl aus Russland als auch aus der Ukraine und aus vielen anderen Ländern der ehemaligen Sowjetunion stammen. „Teils wurden sie übereinander begraben, damals waren das alles „Russen“, niemand hat nach der Nationalität gefragt“, so Schmidt. Sowohl für die Nachfahren der jüdischen Opfer als auch für die Nachfahren der Soldaten sind die beiden Friedhöfe ein wichtiger Gedenkort. „Unsere Schülerinnen und Schüler sollen nicht nur abstraktes Wissen anhäufen, sondern durch das Miterleben und Mitgestalten solcher Gedenkveranstaltungen Geschichte mit Erlebnissen verbinden“, ergänzte Regina Nizold, die Schulleiterin der Südringgauschule. Die Schülerinnen und Schüler hatten sich freiwillig zur Teilnahme an der Gedenkveranstaltung gemeldet. Ihr Lehrer Christian Heine sprach das „Kaddisch“, das jüdische Trauergebet. Mit dem Gesang „Hewenu Schalom alechem“ (Wir wünschen Frieden euch allen) endete die Gedenkveranstaltung.

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