Archiv: Jan. 2025

  1. Gedenken an die Toten und Solidarität mit den Lebenden

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    Die Synagoge war nach vielen Jahrzehnten erstmals wieder beleuchtet. Foto: Melanie Salewski

    Sie wohnten nur einen Steinwurf voneinander entfernt mitten in Harmuthsachsen. Liesel Hammerschlag, Max Hammerschlag, Heinz Lorge und Rickchen Rosenbaum wurden alle Opfer des Holocaust, so wie noch 28 andere Harmuthsächser Juden. Alma und Ayesha, beide Schülerinnen der Anne-Frank-Schule in Eschwege, informierten über ihre Lebenswege. Die Schülerinnen gehören zur Courage-AG der Schule, die sich unter Leitung der Lehrerin Heike Schwanz immer wieder mit Antisemitismus und anderen Formen von Diskriminierung auseinandersetzt. Etwa 60 Personen konnte Ludger Arnold von den Freundinnen und Freunden jüdischen Lebens am Harmuthsächser Dorfanger begrüßen. Sie alle hatten sich trotz regnerischen Wetters zu der Gedenkveranstaltung aufgemacht, um der Opfer des Holocaust aus der Region Werra-Meißner zu gedenken. Vor einigen Häusern, in denen jüdische Familien gelebt hatten, wurden Lichter entzündet. Lutz Fußangel vertiefte die Berichte durch musikalische Improvisationen auf der Klarinette. Arnold Baier rief dazu auf, es nicht nur beim Gedenken zu belassen: „Wenn Sie antisemitische, antijüdische, antiisraelische Sprüche hören, widersprechen Sie bitte aus Solidarität!“ Dr. Martin Arnold, der Vorsitzende des Vereins, kündigte an, in Harmuthsachsen ein ständiges Gedenkzeichen zu errichten, das von einer Künstlerin gestaltet werden soll.

     

    Alma und Ayesha von der Courage-AG der Anne-Frank-Schule Eschwege Foto: Melanie Salewski

    Foto: Melanie Salewski

    Viele Menschen waren trotz regnerischen Wetters nach Harmuthsachsen gekommen.
    Foto: Melanie Salewski

    Und hier die Rede von Arnold Baier im Wortlaut zum Nachlesen:

    „Nein zu Antisemitismus“
    „Nie Wieder“
    Antisemitismus hat keinen Platz in unserer Gesellschaft“
    Vielleicht gut gemeinte Appelle drohen aber zu Floskeln zu verkommen.

    Wir haben heute von toten Juden berichtet. Aber wie geht es derzeit den Lebenden?
    Vielleicht einige Zahlen vorab:

    Es gibt lediglich ca. 100 000 Juden, die in jüdischen Gemeinden in Deutschland organisiert sind. Eine verschwindend kleine Minderheit bei 84 Millionen Einwohnern insgesamt. (Zum Vergleich: Es gibt allein viereinhalb Millionen Menschen, die zum muslimischen Kulturkreis gezählt werden.)
    Weltweit gibt es übrigens auch nur 15 Millionen Juden, von denen knapp die Hälfte in Israel leben. Nur noch 10% leben in Europa.
    Für Juden weltweit ist Israel ein Zufluchtsort, wo sie hinkönnen, wenn es für sie eng wird. Es soll eben nicht so mehr sein wie 1939, als auf der Konferenz in Evian kein Staat der Welt Juden aus Nazi-Deutschland aufnehmen wollte.

    Wie ist die Situation von Juden in Deutschland heute?
    Dazu ein kurzes Statement der Präsidentin des Weißen Rings, einer Organisation, die sich um Opfer von Kriminalität und Gewalt kümmert:
    Sie stellte kürzlich fest:

    Jüdisches Leben befindet sich …. in Deutschland auf dem Rückzug – unbemerkt von der Mehrheit der Menschen im Land. Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel und dem Krieg in Gaza ist die Zahl der antisemitischen Straftaten sprunghaft gestiegen.

    Wie sehen nun Jüdinnen und Juden ihre Situation in Deutschland?
    Esther Shapira, ehemals leitende Redakteurin beim Hessischen Rundfunk, schreibt:

    Der 7. Oktober war kein Terroranschlag. Er war der Beginn eines neuen globalen antisemitischen Krieges, in dem alle Jüdinnen und Juden sich angegriffen fühlen, weil sie alle angegriffen werden.

    Im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie, die auch noch weiterläuft und von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes gefördert wird, wurden Juden nach ihrer persönlichen Situation befragt. Hier nun vorab einige Zitate.

    Die Brutalität des Massakers, das auch noch von den Tätern gefilmt wurde, traf alle Juden weltweit.
    Ein Ende-20-jähriger Interviewpartner fasst dies wie folgt in Worte:

    „Ich würde eigentlich diesen Angriff auch so beschreiben, (…) dass eine genozidale Botschaft gesendet wurde, (also eine Botschaft, dass die Juden vernichtet werden sollen), die Juden und Jüdinnen weltweit so auch verstanden haben.“Viele Juden sind von der Reaktion ihrer Mitmenschen enttäuscht:

    „Es ist das Schweigen der Menschen, die Empathielosigkeit (also die Unfähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen, ihre Gefühle und Perspektiven zu verstehen und nachzuempfinden), die mich bestürzt hat …… Wo mir erstmal klar wurde: Ich bin ja auch Teil dessen, deren Leid und Leben irgendwie anders gewichtet werden.“

    Juden fühlen, dass sie jetzt doch wieder anders sind, bzw. von Nicht-Juden so wahrgenommen werden.
    Ein Mitte-30-jähriger Interviewpartner hat ein „mulmiges Gefühl“, wenn seine Kinder draußen spielen:
    „In den Nachbarhäusern wissen wir eben nicht, wer da wohnt und wer wie denkt. Und da die Kinder allein auf offener Straße spielen zu lassen, allein das sorgt schon für ein sehr mulmiges Gefühl, um es mal vorsichtig zu formulieren. Manchmal auch für ganz krasse Unsicherheit, dass da keiner kommt, dass da keiner was Böses im Sinn hat, weil (denn) die Religion unserer Kinder ist in der Schule auch bekannt.“
    Die meisten Juden in Deutschland heute sind Flüchtlinge, die vor dem Antisemitismus in der Sowjetunion geflohen sind. Viele stammen aus der Ukraine.

    Eine aus der Ukraine geflüchtete Anfang-50-jährige Frau, deren Sohn für den Armeedienst nach Israel gegangen ist, beschreibt ihr Erleben des Angriffs als „noch ein Trauma“:

    „Das war für mich persönlich noch ein Trauma. Ich kann sagen, ich war nicht einfach gestresst oder nervös oder was, das war noch ein Trauma, wie im Februar 22 (als der Überfall auf die Ukraine begann), genauso. Ich konnte nicht mehr essen, ich fühlte mich schrecklich schlimm, und ich konnte nicht verstehen, wie viel Zeit verlaufen ist. Glücklicherweise war ich ja in Kontakt mit meinem Sohn, aber dann erfahre ich, was mit den Geiseln passiert ist.“

    Und daher: Wenn Sie antisemitische, antijüdische, antiisraelische Sprüche in ihrer Umgebung fallen:
    Widersprechen Sie bitte
    aus Solidarität.

     

  2. Überrascht von so viel ehrenamtlichem Engagement

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    Von rechts nach links: Arnold Baier, Ludger Arnold, Dr. Martin Arnold, Daniel Iliev, Karina Fissmann (Mitglied des Landtages), der Waldkappeler Bürgermeister Frank Koch und Mario Koch

    Daniel Iliev, Bürgermeister in Heringen, ist Direktkandidat der SPD im Wahlkreis 168 (Landkreis Hersfeld-Rotenburg und Werra-Meißner-Kreis) für den Deutschen Bundestag. Jetzt besuchte er die Synagoge in Harmuthsachsen, um sich über die Arbeit der Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis zu informieren. „Willkommen auf der Baustelle“, sagte Dr. Martin Arnold, der Vorsitzende des Vereins. Er berichtete über die Geschichte jüdischen Lebens im Gebiet des heutigen Werra-Meißner-Kreises und über die Bemühungen, die Spuren des jüdischen Lebens zu erhalten. Der Verein hat die Synagoge in Harmuthsachsen und ihre Nebengebäude vor elf Monaten erworben, um sie als Kulturdenkmale zu erhalten. „In dieser Zeit haben wir die Dächer repariert, die Westwand der Synagoge verkleidet, den Fußboden der Synagoge ergänzt, das Außengelände aufgeräumt, das Lehrerhaus gereinigt und vieles mehr“, sagte Ludger Arnold. „Dazu haben wir Hilfe des Landesamtes für Denkmalpflege, der Stadt Waldkappel sowie durch viele Spenderinnen und Spender erhalten“, ergänzte Arnold Baier, „aber dazu kommen 156 Stunden durch freiwillige Arbeitseinsätze.“ Daniel Iliev dankte den Freundinnen und Freunden jüdischen Lebens für ihr Engagement. „Auch in diesem Jahr wollen wir viel erreichen“, sagte Martin Arnold. Am Montag, dem 27. Januar, um 17.00 Uhr findet in Harmuthsachsen eine öffentliche Gedenkveranstaltung zum Gedenken an die Opfer des Holocaust aus Harmuthsachsen und aus dem Werra-Meißner-Kreis statt. Treffpunkt ist der Dorfanger.

  3. Voller Einsatz bei Eis und Schnee für die Synagoge Harmuthsachsen

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    Von links nach rechts: Roswitha Hasselhorn, Andreas Höch, Arnold Baier und Dietrich Hasselhorn

    Die Arbeit an der Synagoge Harmuthsachsen geht auch im Winter weiter. Eine Gruppe von Freiwilligen kam jetzt zusammen, um in dem sogenannten „Vorderhaus“ das Erdgeschoss zu reinigen. In dem seit Jahrzehnten leerstehenden Wohnhaus soll eine Toilette reaktiviert werden. Dafür mussten zunächst viel Dreck und Staub zusammengekehrt und beiseitegeschafft werden. „Sowohl für die anstehenden Bauarbeiten als auch für die Veranstaltungen, mit denen wir bald in der Synagoge beginnen wollen, brauchen wir eine Toilette“, sagte Dr. Martin Arnold, der Vorsitzende der Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis. Dietrich und Roswitha Hasselhorn hatten heiße Getränke mitgebracht, mit denen sich die Freiwilligen aufwärmen konnten. Auch einige Eichenbalken, die bei dem Teilabriss eines Querbaues übrig geblieben waren und im Freien lagen, wurden in einer Garage trocken aufgeschichtet. „Wer weiß, wofür wir die alten Balken noch gebrauchen können“, sagte Ludger Arnold.

    Ludger Arnold

     

  4. Junge Männer informieren sich über jüdisches Leben

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    Eine Gruppe junger Männer, die für ein paar Wochen in Germerode zu Gast ist, besuchte die Synagoge in Abterode. „Wir haben im „Lädchen für Alles“ eingekauft und dabei gelesen, dass dieses Haus einmal die Abteröder Synagoge war“, sagt Dima Davidovich. Er ist selbst Jude und gehört zur jüdischen Gemeinde in Dortmund. Schnell kam der Kontakt zustande mit Dr. Martin Arnold, dem Vorsitzenden der Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis. Er informierte sie über die bewegte Geschichte der Synagoge, über die Bedeutung der Thora und die Arbeit des Vereins. Schnell waren zwei Stunden vergangen, als sie sich aus dem verschneiten Abterode auf den Heimweg machten.

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