Mazel Tov Cocktail

Zu einer intensiven Auseinandersetzung mit jüdischem Leben und Antisemitismus kam es jüngst an der Rhenanus-Schule in Bad Sooden-Allendorf. Im Rahmen von Schulprojekttagen beschäftigten sich die Schülerinnen und Schüler der 9. und 10. Klassen mit jüdischer Geschichte, aber auch mit jüdischem Alltag heute. Steffi Hoffmann, die sich seit langem mit dem Antisemitismus beschäftigt, hatte den preisgekrönten Film „Mazel Tov Coctail“ mitgebracht. Darin wird die Geschichte von Dimitrij erzählt, einem Sohn russischer Einwanderer, der als Jude an seiner Schule antisemitisch beleidigt wird. Der Jugendliche wehrt sich, indem er dem Mitschüler, der ihn provoziert hat, mit einem Faustschlag die Nase bricht. Der vielschichtige Film bot viele Ansatzpunkte, um die Lebenswelt heutiger jüdischer Jugendlicher zu entdecken und über den Umgang mit Antisemitismus ins Gespräch zu kommen.

Die Jugendlichen hatten sich im Unterricht zuvor mehrere Tage lang mit jüdischer Geschichte und Religion beschäftigt. Frederic Willing, Student und Mitglied der Liberalen Jüdischen Gemeinde Felsberg, und Steffi Hoffmann stellten sich den Fragen der Schülerinnen und Schüler. In verschiedenen Workshops wurden weitere Aspekte jüdischen Lebens beleuchtet. Steffi Hoffmann sprach mit den Jugendlichen über das Konzentrationslager Auschwitz und die unterschiedlichen Beweggründe, den Ort heute zu besuchen. Martin Arnold zeichnete am Beispiel der jüdischen Familie Bodenheim aus Bad Sooden-Allendorf die Diskriminierung, Emanzipation, Assimilation und Zerstörung jüdischen Lebens im 19. und 20. Jahrhundert nach. Annamaria Zimmer berichtete eindrücklich über jüdisches Leben in Eschwege, insbesondere in der Zeit des Nationalsozialismus. In einer von Ludger Arnold moderierten Schlussrunde zeigten sich die Jugendlichen von einigen Dingen überrascht. „Ich habe gar nicht gewusst, dass es heute Juden unter uns gibt“, bekannte eine Schülerin. Und ein anderer sagte: „Krass, was damals im Nationalsozialismus passiert ist.“ Martin Arnold, der Vorsitzende der Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens, rief die Schülerinnen und Schüler zum Respekt vor jüdischer Geschichte, Kultur und Religion auf, denn der Hass auf Juden sei bis heute nicht verschwunden. Martin Herrmann, der die Projekttage an der Rhenanus-Schule vorbereitet und koordiniert hat, regte an, die Auseinandersetzung mit dem Thema fortzusetzen. Ein Besuch im Lern- und Gedenkort für jüdisches Leben in der Synagoge Abterode ist schon geplant.