Aktuelles
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Lions Club Hessisch Lichtenau besucht Synagoge in Harmuthsachsen
Lions-Präsident Bernd Quittkat (rechts) mit Dr. Martin Arnold (2.v.r.) und weiteren Mitgliedern des Lions Clubs Hessisch Lichtenau
Einen Besuch auf der Baustelle machte der Lions Club Hessisch Lichtenau mit seinem derzeitigen Präsidenten Bernd Quittkat. Ludger Arnold und Arnold Baier vom Vorstand der Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis waren gerade damit fertig geworden, eine Dachrinne zu reinigen. Dr. Martin Arnold führte die Gäste durch das jüdische Ensemble in Harmuthsachsen, zu dem nicht nur die Synagoge, sondern auch das Lehrerhaus und das sogenannte „Vorderhaus“ gehören. Er informierte über die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Harmuthsachsen, über ihre Auslöschung in der Zeit des Nationalsozialismus und über die Bemühungen des Vereins, die noch vorhandenen Gebäude zu erhalten und mit neuem Leben zu erfüllen. „Das war für uns neu und sehr interessant“, sagte Präsident Quittkat.
Arnold Baier beim Reinigen der Dachrinne am Vorderhaus
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Gedenken an die Toten und Solidarität mit den Lebenden
Die Synagoge war nach vielen Jahrzehnten erstmals wieder beleuchtet. Foto: Melanie Salewski
Sie wohnten nur einen Steinwurf voneinander entfernt mitten in Harmuthsachsen. Liesel Hammerschlag, Max Hammerschlag, Heinz Lorge und Rickchen Rosenbaum wurden alle Opfer des Holocaust, so wie noch 28 andere Harmuthsächser Juden. Alma und Ayesha, beide Schülerinnen der Anne-Frank-Schule in Eschwege, informierten über ihre Lebenswege. Die Schülerinnen gehören zur Courage-AG der Schule, die sich unter Leitung der Lehrerin Heike Schwanz immer wieder mit Antisemitismus und anderen Formen von Diskriminierung auseinandersetzt. Etwa 60 Personen konnte Ludger Arnold von den Freundinnen und Freunden jüdischen Lebens am Harmuthsächser Dorfanger begrüßen. Sie alle hatten sich trotz regnerischen Wetters zu der Gedenkveranstaltung aufgemacht, um der Opfer des Holocaust aus der Region Werra-Meißner zu gedenken. Vor einigen Häusern, in denen jüdische Familien gelebt hatten, wurden Lichter entzündet. Lutz Fußangel vertiefte die Berichte durch musikalische Improvisationen auf der Klarinette. Arnold Baier rief dazu auf, es nicht nur beim Gedenken zu belassen: „Wenn Sie antisemitische, antijüdische, antiisraelische Sprüche hören, widersprechen Sie bitte aus Solidarität!“ Dr. Martin Arnold, der Vorsitzende des Vereins, kündigte an, in Harmuthsachsen ein ständiges Gedenkzeichen zu errichten, das von einer Künstlerin gestaltet werden soll.
Alma und Ayesha von der Courage-AG der Anne-Frank-Schule Eschwege Foto: Melanie Salewski
Foto: Melanie Salewski
Viele Menschen waren trotz regnerischen Wetters nach Harmuthsachsen gekommen.
Foto: Melanie SalewskiUnd hier die Rede von Arnold Baier im Wortlaut zum Nachlesen:
„Nein zu Antisemitismus“
„Nie Wieder“
Antisemitismus hat keinen Platz in unserer Gesellschaft“
Vielleicht gut gemeinte Appelle drohen aber zu Floskeln zu verkommen.Wir haben heute von toten Juden berichtet. Aber wie geht es derzeit den Lebenden?
Vielleicht einige Zahlen vorab:Es gibt lediglich ca. 100 000 Juden, die in jüdischen Gemeinden in Deutschland organisiert sind. Eine verschwindend kleine Minderheit bei 84 Millionen Einwohnern insgesamt. (Zum Vergleich: Es gibt allein viereinhalb Millionen Menschen, die zum muslimischen Kulturkreis gezählt werden.)
Weltweit gibt es übrigens auch nur 15 Millionen Juden, von denen knapp die Hälfte in Israel leben. Nur noch 10% leben in Europa.
Für Juden weltweit ist Israel ein Zufluchtsort, wo sie hinkönnen, wenn es für sie eng wird. Es soll eben nicht so mehr sein wie 1939, als auf der Konferenz in Evian kein Staat der Welt Juden aus Nazi-Deutschland aufnehmen wollte.Wie ist die Situation von Juden in Deutschland heute?
Dazu ein kurzes Statement der Präsidentin des Weißen Rings, einer Organisation, die sich um Opfer von Kriminalität und Gewalt kümmert:
Sie stellte kürzlich fest:Jüdisches Leben befindet sich …. in Deutschland auf dem Rückzug – unbemerkt von der Mehrheit der Menschen im Land. Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel und dem Krieg in Gaza ist die Zahl der antisemitischen Straftaten sprunghaft gestiegen.
Wie sehen nun Jüdinnen und Juden ihre Situation in Deutschland?
Esther Shapira, ehemals leitende Redakteurin beim Hessischen Rundfunk, schreibt:Der 7. Oktober war kein Terroranschlag. Er war der Beginn eines neuen globalen antisemitischen Krieges, in dem alle Jüdinnen und Juden sich angegriffen fühlen, weil sie alle angegriffen werden.
Im Rahmen einer wissenschaftlichen Studie, die auch noch weiterläuft und von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes gefördert wird, wurden Juden nach ihrer persönlichen Situation befragt. Hier nun vorab einige Zitate.
Die Brutalität des Massakers, das auch noch von den Tätern gefilmt wurde, traf alle Juden weltweit.
Ein Ende-20-jähriger Interviewpartner fasst dies wie folgt in Worte:„Ich würde eigentlich diesen Angriff auch so beschreiben, (…) dass eine genozidale Botschaft gesendet wurde, (also eine Botschaft, dass die Juden vernichtet werden sollen), die Juden und Jüdinnen weltweit so auch verstanden haben.“Viele Juden sind von der Reaktion ihrer Mitmenschen enttäuscht:
„Es ist das Schweigen der Menschen, die Empathielosigkeit (also die Unfähigkeit, sich in andere Menschen hineinzuversetzen, ihre Gefühle und Perspektiven zu verstehen und nachzuempfinden), die mich bestürzt hat …… Wo mir erstmal klar wurde: Ich bin ja auch Teil dessen, deren Leid und Leben irgendwie anders gewichtet werden.“
Juden fühlen, dass sie jetzt doch wieder anders sind, bzw. von Nicht-Juden so wahrgenommen werden.
Ein Mitte-30-jähriger Interviewpartner hat ein „mulmiges Gefühl“, wenn seine Kinder draußen spielen:
„In den Nachbarhäusern wissen wir eben nicht, wer da wohnt und wer wie denkt. Und da die Kinder allein auf offener Straße spielen zu lassen, allein das sorgt schon für ein sehr mulmiges Gefühl, um es mal vorsichtig zu formulieren. Manchmal auch für ganz krasse Unsicherheit, dass da keiner kommt, dass da keiner was Böses im Sinn hat, weil (denn) die Religion unserer Kinder ist in der Schule auch bekannt.“
Die meisten Juden in Deutschland heute sind Flüchtlinge, die vor dem Antisemitismus in der Sowjetunion geflohen sind. Viele stammen aus der Ukraine.Eine aus der Ukraine geflüchtete Anfang-50-jährige Frau, deren Sohn für den Armeedienst nach Israel gegangen ist, beschreibt ihr Erleben des Angriffs als „noch ein Trauma“:
„Das war für mich persönlich noch ein Trauma. Ich kann sagen, ich war nicht einfach gestresst oder nervös oder was, das war noch ein Trauma, wie im Februar 22 (als der Überfall auf die Ukraine begann), genauso. Ich konnte nicht mehr essen, ich fühlte mich schrecklich schlimm, und ich konnte nicht verstehen, wie viel Zeit verlaufen ist. Glücklicherweise war ich ja in Kontakt mit meinem Sohn, aber dann erfahre ich, was mit den Geiseln passiert ist.“
Und daher: Wenn Sie antisemitische, antijüdische, antiisraelische Sprüche in ihrer Umgebung fallen:
Widersprechen Sie bitte
aus Solidarität. -
Überrascht von so viel ehrenamtlichem Engagement
Von rechts nach links: Arnold Baier, Ludger Arnold, Dr. Martin Arnold, Daniel Iliev, Karina Fissmann (Mitglied des Landtages), der Waldkappeler Bürgermeister Frank Koch und Mario Koch
Daniel Iliev, Bürgermeister in Heringen, ist Direktkandidat der SPD im Wahlkreis 168 (Landkreis Hersfeld-Rotenburg und Werra-Meißner-Kreis) für den Deutschen Bundestag. Jetzt besuchte er die Synagoge in Harmuthsachsen, um sich über die Arbeit der Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis zu informieren. „Willkommen auf der Baustelle“, sagte Dr. Martin Arnold, der Vorsitzende des Vereins. Er berichtete über die Geschichte jüdischen Lebens im Gebiet des heutigen Werra-Meißner-Kreises und über die Bemühungen, die Spuren des jüdischen Lebens zu erhalten. Der Verein hat die Synagoge in Harmuthsachsen und ihre Nebengebäude vor elf Monaten erworben, um sie als Kulturdenkmale zu erhalten. „In dieser Zeit haben wir die Dächer repariert, die Westwand der Synagoge verkleidet, den Fußboden der Synagoge ergänzt, das Außengelände aufgeräumt, das Lehrerhaus gereinigt und vieles mehr“, sagte Ludger Arnold. „Dazu haben wir Hilfe des Landesamtes für Denkmalpflege, der Stadt Waldkappel sowie durch viele Spenderinnen und Spender erhalten“, ergänzte Arnold Baier, „aber dazu kommen 156 Stunden durch freiwillige Arbeitseinsätze.“ Daniel Iliev dankte den Freundinnen und Freunden jüdischen Lebens für ihr Engagement. „Auch in diesem Jahr wollen wir viel erreichen“, sagte Martin Arnold. Am Montag, dem 27. Januar, um 17.00 Uhr findet in Harmuthsachsen eine öffentliche Gedenkveranstaltung zum Gedenken an die Opfer des Holocaust aus Harmuthsachsen und aus dem Werra-Meißner-Kreis statt. Treffpunkt ist der Dorfanger.
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Voller Einsatz bei Eis und Schnee für die Synagoge Harmuthsachsen
Von links nach rechts: Roswitha Hasselhorn, Andreas Höch, Arnold Baier und Dietrich Hasselhorn
Die Arbeit an der Synagoge Harmuthsachsen geht auch im Winter weiter. Eine Gruppe von Freiwilligen kam jetzt zusammen, um in dem sogenannten „Vorderhaus“ das Erdgeschoss zu reinigen. In dem seit Jahrzehnten leerstehenden Wohnhaus soll eine Toilette reaktiviert werden. Dafür mussten zunächst viel Dreck und Staub zusammengekehrt und beiseitegeschafft werden. „Sowohl für die anstehenden Bauarbeiten als auch für die Veranstaltungen, mit denen wir bald in der Synagoge beginnen wollen, brauchen wir eine Toilette“, sagte Dr. Martin Arnold, der Vorsitzende der Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis. Dietrich und Roswitha Hasselhorn hatten heiße Getränke mitgebracht, mit denen sich die Freiwilligen aufwärmen konnten. Auch einige Eichenbalken, die bei dem Teilabriss eines Querbaues übrig geblieben waren und im Freien lagen, wurden in einer Garage trocken aufgeschichtet. „Wer weiß, wofür wir die alten Balken noch gebrauchen können“, sagte Ludger Arnold.
Ludger Arnold
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Junge Männer informieren sich über jüdisches Leben
Eine Gruppe junger Männer, die für ein paar Wochen in Germerode zu Gast ist, besuchte die Synagoge in Abterode. „Wir haben im „Lädchen für Alles“ eingekauft und dabei gelesen, dass dieses Haus einmal die Abteröder Synagoge war“, sagt Dima Davidovich. Er ist selbst Jude und gehört zur jüdischen Gemeinde in Dortmund. Schnell kam der Kontakt zustande mit Dr. Martin Arnold, dem Vorsitzenden der Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis. Er informierte sie über die bewegte Geschichte der Synagoge, über die Bedeutung der Thora und die Arbeit des Vereins. Schnell waren zwei Stunden vergangen, als sie sich aus dem verschneiten Abterode auf den Heimweg machten.
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Zehn neue Tablets für die Synagoge Abterode
Von links nach rechts: Arnold Baier, Dr. Martin Arnold, Stefan Schneider und Bernd Helbach
Mit Unterstützung des Landtagsabgeordneten Stefan Schneider konnten für den Lern- und Gedenkort in der Synagoge Abterode zehn weitere Tablets angeschafft werden. „Wir hatten bisher nur 15 Tablets, das ist für eine Schulklasse zu wenig“, sagte Arnold Baier von den Freundinnen und Freunden jüdischen Lebens. Dr. Martin Arnold dankte Stefan Schneider, der auf eine mögliche Unterstützung durch das Hessische Ministerium für Digitales und Innovation hingewiesen hatte: „Das verbessert die Lernmöglichkeiten für Schulklassen und Konfirmandengruppen, die sich hier über jüdisches Leben informieren möchten.“ Der Landtagsabgeordnete zeigte sich beeindruckt von der Fülle der Informationen, die auf diese Weise über jüdisches Leben in der Region Werra-Meißner zugänglich gemacht werden. Besonders die Interviews mit Zeitzeugen lassen erkennen, wie der Nationalsozialismus von Jüdinnen und Juden erlebt wurde.
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13 weitere „Stolpersteine“ in Eschwege verlegt
In Erinnerung an die jüdischen Familien Katzenstein, Löwenthal und Werner wurden in Eschwege 13 weitere „Stolpersteine“ verlegt. Die Gedenkveranstaltung fand auf Einladung der Sparkasse Werra-Meißner statt. Neben dem Sparkassenvorstand wirkten auch Landrätin Nicole Rathgeber, der Eschweger Stadtrat Siegfried Fiegenbaum sowie Schülerinnen und Schüler der Brüder-Grimm-Schule, der Anne-Frank-Schule und der Friedrich-Wilhelm-Schule mit. Der Historiker Dr. Dieter Vaupel hielt eine Rede, die wir nachfolgend dokumentieren:
Eschwege hatte im Jahr 1933 rund 15.000 Einwohner, mehr als 700 davon waren Jüdinnen und Juden. Jüdisches Leben hatte eine lange Tradition. Bereits seit mehr als 650 Jahren lassen sich Spuren jüdischen Lebens hier nachweisen. Vor über 300 Jahren wurde der Grundstein für die erste Synagoge gelegt. Bis vor gut 90 Jahren war das Leben zwischen Christen und Juden in Eschwege geprägt durch ein friedliches Miteinander. Ob in der Feuerwehr, in den Turn- und Sportvereinen oder im Werratalverein, überall fand man christiliche und jüdische Aktive, auch in den Vorständen. Ein Judenviertel gab es nicht, man wohnte Tür an Tür in friedlicher Nachbarschaft nebeneinander. Es gab, neben vielen kleinen Geschäften, große jüdische Unternehmen in der Stadt in denen hauptsächlich Christen beschäftigt waren. Die größte Firma war L.S. Brinkmann, um die es heute noch gehen wird, mit allein 500 Arbeitern und Angestellten.
Doch als die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 nach der Ernennung von Adolf Hitler zum Reichskanzler in Deutschland die Macht übernahmen, war es vorbei mit dem friedlichen Miteinander. Es folgte der schrittweise Umbau der Weimarer Demokratie in eine Diktatur. Politische Gegner wurden verfolgt und die jüdische Bevölkerung ausgegrenzt. Der Boykott jüdischer Geschäfte ab dem 1. April 1933 raubte auch den Eschweger Juden die wirtschaftliche Grundlage, durch die Nürnberger Gesetze wurden sie zu Bürgern zweiter Klasse. Judenhass, Diskriminierungen und Übergriffe, wie die vom 8. November 1938, machten das Leben in der Kleinstadt zur Hölle.
Nicht nur NSDAP und SA, auch viele Eschweger Bürger waren daran beteiligt. Auch die Kreissparkasse, deren Geschichte während der NS-Zeit ich im Auftrag der heutigen Sparkasse Werra-Meißner untersucht habe und von der die heutige Stolpersteinverlegung initiiert wurde, gehörte zu den Institutionen die eng mit dem NS-System verbunden waren und die zur Ausgrenzung und Existenzvernichtung der Juden beitrugen.
Von den ehemals 750 Juden des Ortes wurden mehr als 250 in die Vernichtungslager des Ostens deportiert und fast alle dort ermordet. Wer die Gefahr rechtzeitig erkannte, ergriff die Flucht aus Deutschland – die einzige Chance, den Holocaust zu überleben. 150 Stolpersteine sind zur Erinnerung an Jüdinnen und Juden, die ehemals ihren Lebensmittelpunkt in Eschwege hatten, von 2008 bis 2018 durch eine Initiative von Seiten der Stadt Eschwege, koordiniert durch die Stadtarchivare Dr. Karl Kollmann und York-Egbert König, verlegt worden. Weitere 17 sind im August dieses Jahres verlegt worden, heute kommen 13 Steine dazu. Und es wird weitergehen.
Wir setzen heute mit dieser Stolpersteinverlegung gemeinsam ein Zeichen des Gedenkens, der Erinnerung und des tiefen Respekts gegenüber diesen Menschen. Die Erinnerung an die während der NS-Zeit Vertriebenen und Verfolgten ist heute vielen Bürgerinnen und Bürgern angesichts des erstarkenden Rechtspopulismus besonders wichtig. Deportationsphantasien machen in rechten Kreisen schon wieder die Runde. Das zeigt, dass wir wachsam sein müssen, um die Errungenschaften unsere Demokratie zu verteidigen. Mir klingen Sätze der über 100-jährigen Holocaustüberlebenden Margot Friedländer im Ohr: „Ich hätte nie gedacht, dass es wieder so kommen würde. Denn so hat es ja damals auch angefangen. Wir sind die, die das erlebt haben. … Für uns ist es besonders schwer zu verstehen. Und sehr traurig.“
Mit dem Verlegen der Stolpersteine geben wir den Opfern wieder einen Namen und der Erinnerung an sie einen Ort. Das individuelle Schicksal wird so ins Zentrum gerückt. Es geht darum, jeden Einzelnen sichtbar zu machen, also jene Menschen, die hier in dieser Kleinstadt in enger Nachbarschaft mit den anderen Bürgerinnen und Bürgern lebten, die mit ihrer Heimat verbunden waren und die gerne hier gelebt haben – als Nachbarn, Freunde, Mütter, Väter, Kinder. Die Stolpersteine sind nicht nur Anlass zu mahnen, dass wir nie das vergessen dürfen, was damals geschah, sondern lassen uns auch mit unseren Gedanken über die Geschichte jedes einzelnen dieser Menschen „stolpern“. Indem Fragen nach unserem Umgang heute mit dieser Zeit aufgeworfen werden, schlagen Stolpersteine eine Brücke zur Gegenwart. Sie zeigen wohin Ausgrenzung und Intoleranz führen. Die Stolpersteine, die wir heute hier in Eschwege verlegen, fordern uns auf, für eine Zukunft einzutreten, in der solche Ver-brechen niemals wieder geschehen dürfen. Sie mahnen uns, dass wir uns für die Erhaltung demokratischer Werte in unserer Gesellschaft einsetzen.
Und noch einmal gebe ich Margot Friedlander zum Schluss das Wort: „Das darf nie wieder passieren, deshalb müssen wir jetzt wachsam sein und nicht wie damals weg-schauen. Hass, Rassismus, Antisemitismus dürfen nicht das letzte Wort der Geschichte sein. … Es ist wichtig für euch, für die Demokratie. Die Demokratie muss bleiben. Ihr müsst Menschen sein. Nichts weiter.“ -
Konfis aus Großengottern besuchen Synagoge Abterode
13 Konfirmandinnen und Konfirmanden und fünf Begleitpersonen hatten sich aus Großengottern (östlich von Mühlhausen) in das 45 km entfernte Abterode aufgemacht, um dort den Lern- und Gedenkort für jüdisches Leben kennenzulernen. Für die meisten war es eine erste Begegnung mit dem Judentum. Was ist eine Synagoge? Was versteht man unter einer „Tora“? Arnold Baier und Martin Arnold von den „Freundinnen und Freunden jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis“ hatten ein vierstündiges Programm vorbereitet. Dabei konnten die Jugendlichen in jüdische Religion, Geschichte und Kultur eintauchen. Auch der Antisemitismus in Geschichte und Gegenwart kam zur Sprache. Abschließend wurde herausgearbeitet, was Juden und Christen miteinander verbindet. „Wir glauben an einen Gott“, so Arnold, „haben gemeinsame heilige Schriften, beten dieselben Psalmen.“ Nur an Jesus Christus scheiden sich die Geister. „Aber auch da gilt zunächst: Jesus war Jude“, so Arnold. Pfarrer Matthias Cyrus aus Großengottern dankte für einen interessanten Projekttag: „Wir werden bald auch mit einer Erwachsenengruppe nach Abterode kommen.“
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Bürgerstiftung unterstützt Erhaltung der Synagoge Harmuthsachsen
Von links: Bernd Helbach, Bärbel Schuhmann-Nolte, Ursula Baumgärtel-Blaschke und Dr. Martin Arnold
Mit 1.500€ fördert die Bürgerstiftung Werra-Meißner die Erhaltung der Synagoge in Harmuthsachsen. Konkret werden die Mittel für die Verkleidung der Westwand der Synagoge verwandt, die gerade noch rechtzeitig vor dem Winter abgeschlossen werden konnte. „Damit ist das Gebäude nun auch an der Westseite gegen Wind und Wetter geschützt“, sagt Dr. Martin Arnold von den Freundinnen und Freunden jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis. Er dankte Ursula Baumgärtel-Blaschke und Bärbel Schuhmann-Nolte von der Bürgerstiftung. „Es ist ein Teil der Einnahmen aus dem Waffelverkauf beim Werra-Meißner-Tag“, erläuterte Ursula Baumgärtel-Blaschke, „viele Ehrenamtliche haben beim Verkauf mitgeholfen“. Den größten Teil der Finanzierung trägt das Landesamt für Denkmalpflege. „Aber auch die Restfinanzierung ist für unseren kleinen Verein ein großer Brocken“, sagte Bernd Helbach von den Freundinnen und Freunden jüdischen Lebens. „Danke für die Unterstützung!“
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Von Witzenhausen in das Ghetto nach Riga
Aus: HNA Witzenhausen 19.11.2024
Im Jahr 1924 waren es Hakenkreuzschmierereien, die das jüdisches Gotteshaus in Witzenhausen verunstalteten, 1935 flogen die ersten Steine durch dessen Fenster, 1938 brannte es völlig aus und erste jüdische Witzenhäuser:innen wurden nach Buchenwald verschleppt. Was war passiert?
„Von Witzenhausen in das Ghetto nach Riga“ hieß eine gemeinsame Veranstaltung des KiosG Gertenbach und der Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra Meißner Kreis e.V. Etwa 50 interessierte Menschen waren dazu in das Dorfgemeinschaftshaus nach Gertenbach gekommen. Im Mittelpunkt stand die Lebensgeschichte Marga Griesbachs. Sie wurde im Jahr 1927 in Witzenhausen geboren und wuchs dort auf. Am 8.Dezember 1941 wurde sie mit ihrer Familie und 39 anderen jüdischen Witzenhäuser:innen über Kassel nach Riga verschleppt.
Über das Witzenhausen ihrer Kindheit und den immer stärker um sich greifenden Antisemitismus in Witzenhausen berichteten Benjamin Matoff und Laura Wallmann vom Verein der Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra Meißner Kreis. Anschließend wurde ein Ausschnitt aus Jürgen Hobrechts Film „Wir haben es doch erlebt… Das Ghetto von Riga“ gezeigt, in dem Marga Griesbach selber ausführlich zu Wort kommt und davon berichtet, was „ganz gewöhnliche Deutsche“ ihr und vielen anderen Menschen angetan haben.
Mit dem Appell für zivilgesellschaftliche Engagement, das sich gegen jede Form von Diskriminierung und Hass und für ein demokratisches, solidarisches und gerechtes Miteinander einsetzen müsse, endete die bewegende Veranstaltung.