Author Archives: martin.arnold

  1. 43 Jüdinnen und Juden von Witzenhausen nach Riga deportiert

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    Am 8. Dezember 1941 begann die erste Deportation von Jüdinnen und Juden in das Ghetto nach Riga in Lettland. Es war der letzte Schritt der Nationalsozialisten mit dem Ziel, Deutschland „judenfrei“ zu machen. Die Witzenhäuser Jüdin Marga Steinhardt hat als eine der wenigen die Deportation überlebt. Bei einer Veranstaltung der „Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis“ im „Haus ZundA“ in Witzenhausen wurde jetzt ein Dokumentarfilm von Jürgen Hobrecht gezeigt, in dem sie ausführlich vom Ablauf der Deportation und vom Leben im Ghetto erzählt. Laura Wallmann informierte zuvor über die Vorbereitung der Deportation in Witzenhausen, die dann mit Sonderzügen über Kassel nach Riga erfolgte. Die Erzählungen von Marga Steinhardt und die Bilder aus dem Ghetto gingen den etwa 30 Besucherinnen und Besuchern sichtlich unter die Haut. Im Gespräch über den Film wurde auch die Frage gestellt, ob es Widerstand der nichtjüdischen Bevölkerung gegen die Deportationen gegeben habe. „Leider haben wir dafür bisher kein einziges Beispiel gefunden“, sagte Martin Arnold, „aber vielleicht gibt es ja solche Geschichten und wir haben sie noch nicht entdeckt, wir würden sie gern erzählen.“ Am Freitag, dem 8. Dezember, wird der Dokumentarfilm um 19.00 Uhr noch einmal in der Synagoge Abterode (Vorderweg 1) gezeigt. An dieser Veranstaltung kann man auch online teilnehmen. Ein Zugangslink kann unter info@synagoge-eschwege.de angefordert werden.

  2. Ein Gruß zum Chanukka-Fest von Rabbi Joseph Edelheit

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    Rabbi Prof. Dr. Joseph Edelheit

    Zu den besonderen Freunden unseres Vereins gehört Rabbi Joseph Edelheit. Er lebt in Rio de Janeiro (Brasilien). Dr. Edelheit ist emeritierter Professor für Religionswissenschaft und Judaistik an der St. Cloud State University (St. Cloud, Minnesota). Als Rabbiner hat Dr. Edelheit in reformjüdischen Gemeinden in Michigan City (Sinai Temple), Chicago (Emanuel Congregation) und Minneapolis (Temple Israel) gedient. Er ist Autor zahlreicher Zeitschriftenartikel, Vorträge und Abhandlungen zu Fragen der jüdischen Praxis und des jüdischen Glaubens, dem Werk von Paul Ricoeur, dem Holocaust und der Religion im öffentlichen Denken und Gedenken. In seinem Ruhestand unterstützt er Gemeinden ohne Rabbiner und auch unseren Verein. Der Kontakt zu den Freundinnen und Freunden jüdischen Lebens kam durch Pfarrer i.R. Rolf Hocke (Waldkappel) zustande. In seiner Video-Botschaft erläutert er die Entstehung des Chanukka-Festes und seine gegenwärtige Bedeutung. Sie können seinen Gruß hören und sehen auf https://www.youtube.com/watch?v=pJag8nAhqsI.

  3. Alter Hass in neuen Kleidern? Podiumsdiskussion mit dem Bundestagsabgeordneten Michael Roth

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    Auf dem Podium diskutierten (von links nach rechts) Fiona Schott, Ann-Kathrin Mogge, Michael Roth und Arnold Baier. Foto: Melanie Salewski

    Hass auf Juden ist kein neues Phänomen. Schon im Mittelalter gab es einen Pogrom gegen die jüdische Gemeinde in Eschwege. Die nationalsozialistischen Pogrome gegen Juden im Jahr 1938 waren Ausdruck einer antisemitischen Ideologie. Relativ neu ist hingegen, dass sich der Antisemitismus jetzt auch als Hass auf den Staat Israel zeigt. Ausdruck gefunden hat er kürzlich im Pogrom der Terrororganisation Hamas gegen Israel.

    Michael Roth war gerade von einer Reise nach Israel zurückgekehrt. Dort hatte er unter anderem das Kibbuz Kfar Aza besucht. „Erst kamen die Hamas-Terroristen, um kaltblütig und bestialisch zu morden“, so Roth, „dann folgte ein palästinensischer Mob, der vielen Toten ihre Würde nahm und hemmungslos plünderte.“ Dieser Pogrom sei ein riesiges Trauma für Israel. Er beklagte, dass es in Deutschland viele Zerrbilder und Vorurteile gegen Israel gebe. „Dabei ist Israel die einzige Demokratie und der einzige liberale Rechtsstaat im Nahen Osten“, so Roth. Er forderte dazu auf, gegen Antisemitismus Flagge zu zeigen und Partei zu ergreifen.

    Etwa 60 Personen verfolgten die Podiumsdiskussion im Eschweger Rathaussaal

    Arnold Baier vom Verein der Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens, der zu der Veranstaltung eingeladen hatte, konnte neben Michael Roth auch Ann-Kathrin Mogge und Fiona Schott begrüßen. Die Historikerin Ann-Kathrin Mogge engagiert sich bei dem Verein „Kopiloten“ in Kassel, indem sie unter anderem Antisemitismus in den sozialen Netzwerken dokumentiert. „Der Israel-bezogene Antisemitismus wird zu wenig wahrgenommen“, so Mogge. In den Schulen werde oft nur der nationalsozialistische Antisemitismus behandelt. Fiona Schott, Schülerin am Oberstufengymnasium in Eschwege, konnte berichten, dass der Hamas-Überfall auf Israel durchaus im Unterricht zur Sprache komme. Der Lehrplan sei sehr vollgestopft mit Inhalten. Die Schule könne jedoch dazu anregen, kritisch mit Internetinhalten umzugehen, und Medienkompetenz vermitteln.

    MdB Michael Roth (links) und Arnold Baier von den Freundinnen und Freunden jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis

    Michael Roth begrüßte, dass alle staatlichen Institutionen in Deutschland den Antisemitismus ablehnten. Dies sei keineswegs überall in Europa der Fall. In Israel werde diese Haltung gesehen und gewürdigt. Leider gebe es jedoch in der Gesellschaft ein großes Schweigen über den Terror der Hamas. Er dankte den Freundinnen und Freunden jüdischen Lebens für ihr Engagement. „Kein Kind wird als Antisemit geboren“, so Roth. Deshalb gelte es, weiter am Ball zu bleiben. Arnold Baier dankte den Mitwirkenden auf dem Podium und auch Tadeusz Piskorz, der am Flügel und am Marimbaphon musikalische Akzente setzte. Die etwa 60 Besucherinnen und Besucher hatten im Eschweger Rathaussaal eine spannende Veranstaltung erlebt.

  4. «Wir stehen an der Seite von Jüdinnen und Juden»

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    Bischöfin Dr. Beate Hofmann

    «Am 9. November erinnern wir uns an die Reichspogromnacht 1938. Fast überall in Deutschland wurden Jüdinnen und Juden von ihren Mitbürgerinnen und Mitbürgern gedemütigt, beraubt, ermordet und ihre Synagogen wurden zerstört. Der 9. November 1938 war Auftakt zur versuchten Vernichtung der jüdischen Bevölkerung in Europa.
    Am 7. Oktober 2023 wurden mehr als 1.400 Menschen, vorwiegend jüdische Israelis, von Hamas-Terroristen brutal ermordet. Es ist zutiefst verstörend, dass dieser Angriff auf Israel und die Reaktion Israels vielfach zu Antisemitismus und Israel-Feindlichkeit führte. Jüdinnen und Juden fühlen sich auch in Deutschland unsicher und bedroht.
    Wir solidarisieren uns mit Jüdinnen und Juden in Deutschland, in Israel und auf der ganzen Welt. Wir stehen an der Seite von Jüdinnen und Juden und erwarten, dass jede Form von Antisemitismus und Gewalt mit aller Kraft verhindert oder unnachgiebig bestraft wird.
    Unser tiefes Mitgefühl gilt den Angehörigen der in Israel Ermordeten, den an Leib und Seele Verwundeten und den als Geiseln genommenen Menschen und ihren Angehörigen. Unsere Solidarität und unser Mitgefühl gelten ebenso den Palästinenserinnen und Palästinensern und allen Menschen, die im Gaza-Streifen schon lange unter der Herrschaft der Hamas leiden und die jetzt Opfer der von der Hamas ausgelösten Gewalt werden.
    In unseren Kirchen und über unsere ökumenischen Kontakte in Israel und Palästina werden wir uns verstärkt dafür einsetzten, das interreligiöse Miteinander zu stärken und Räume für Austausch und Solidarität zu öffnen. Wir ermutigen die evangelischen Kirchengemeinden, für Frieden und Gerechtigkeit im Heiligen Land zu beten und sich für das friedliche Miteinander in Deutschland zu engagieren.
    Dr. Beate Hofmann, Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck
    Dr. Volker Jung, Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau
    8. November 2023»

  5. „Den Juden einen Denkzettel verpassen“ – Gedenken an den Pogrom 1938 in Herleshausen

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    Die NSDAP-Ortsgruppe Herleshausen wollte am 9. November 1938 den Juden einen „Denkzettel“ verpassen. Die SA, die gewöhnlich in „Braunhemden“ auftrat, vertauschte ihre Kleidung in Zivil, um den Eindruck einer spontanen Demonstration zu erwecken. Man besorgte sich Brecheisen und Beile, warf in zahlreichen jüdischen Wohnungen und Geschäften die Fenster ein und demolierte anschließend die Synagoge. Dort wurden die Scheiben eingeworfen, im Inneren die Bänke zerstört, Brüstungen abgerissen und Kronleuchter heruntergeworfen. Die Torarollen wurden aus dem Schrein geholt, die Gebetbücher auf die Straße geworfen. Die jüdischen Männer des Ortes wurden am nächsten Tag in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert.

    Helmut Schmidt, der Vorsitzende des Arbeitskreises „Stolpersteine“ im Werratalverein Südringgau, hatte gemeinsam mit der Südringgauschule Herleshausen eingeladen, um an diesen Pogrom zu erinnern. Trotz nasskalten Wetters waren viele gekommen, um an der Gedenkveranstaltung teilzunehmen. Ein besonderer Gast war der 95-jährige Hans Rimbach. Er saß neben Isaak Carlebach, dem Sohn des letzten Vorbeters der Herleshäuser Synagoge, auf der Schulbank. „Isi“, so Hans Rimbach, war ein Außenseiter in der Schule. Schon lange vor dem Pogrom wurde er von anderen Kindern ausgegrenzt und misshandelt. „Er ließ sich alles gefallen“, so Rimbach. „Eines Tages war er weg“, weil er als jüdischer Junge die Schule nicht mehr besuchen durfte. Den Kindern der Südringgauschule, die an der Gedenkveranstaltung teilnahmen, dürfte besonders diese Erfahrung sehr nahe gegangen sein.

    Thomas Beck hat recherchiert, was aus Isaak Carlebach geworden ist. Seinen Eltern Joseph und Rebekka Carlebach, die selbst im Konzentrationslager Auschwitz umgebracht wurden, gelang es zuvor, ihren Sohn nach Frankfurt zu bringen. Von dort gelang ihm im April 1939 mit einem „Kindertransport“ die Flucht nach Palästina. Dort lebte er in einem jüdischem Kibbuz im Gebiet des heutigen Gaza-Streifens. Er wurde Soldat und kam im Palästinakrieg 1948, als ägyptische Truppen Israel überfielen, ums Leben.

  6. Erinnern – um die Wiederholung zu verhindern

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    Gemeinsam erinnerten der „Verein der Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis“, die Evangelische Kirchengemeinde Sontra, die Stadt Sontra und die Adam-von- Trott-Schule Sontra am Abend des 7. November an die Gewalt und den Terror, denen vor genau 85 Jahren Jüdinnen und Juden in Sontra ausgesetzt waren.

    Bei einem Gang zu Orten jüdischen Lebens erinnerten fünf Konfirmandinnen und Konfirmanden der Evangelischen Kirchengemeinde mit kurzen Texten an das ehemals reichhaltige jüdische Leben und das Schicksal der Menschen. Von der Adam-von-Trott-Schule, von deren Eingang man auf den „alten“ und den „neuen jüdischen Friedhof“ sehen kann, zur letzten jüdischen Schule in der Schulstraße, zu den Stolpersteinen für die jüdische Familie Plaut in der Niederstadt, zum Standort einer Mikwe an der Niederstadt 1ging es bis zum Marktplatz. Auf ihm wurden nach der Pogromnacht die jüdischen Männer zusammengetrieben, gedemütigt und anschließend in das Konzentrationslager nach Buchenwald deportiert.

    Ludger Arnold begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor der Schule und bedankt sich für die Beteiligung an dem gemeinsamen Gedenken. Er erinnerte dabei auch an die Tradition dieser Veranstaltung, denn bereits vor zehn Jahren gab es ein solches Gedenken. Im Jahre 2015 folgte die erste Stolpersteinverlegung und 2018 ein Erinnerungsgang durch Diemerode. Das Gedenken hat im Schulleben der Adam-von-Trott-Schule einen festen Platz. In diesem Jahr werde aber durch die aktuellen Kriegsereignisse noch viel deutlicher, dass diese Erinnerungen eine Mahnung sind, einen erstarkenden Antisemitismus zu verhindern. Dass das Schweigen und Wegsehen der Vielen Gewalt und Terror erst möglich machen, erläuterte in seiner Rede der Sontraer Bürgermeister Thomas Eckhardt. Er forderte eindringlich dazu auf, die Grundlage unseres demokratischen Gemeinwesens zu schützen und sich gemeinsam gegen alle Ausgrenzungen, Gewaltverherrlichungen und jeden Antisemitismus zu wenden.

    Bei der Ankunft im Evangelischen Gemeindehaus konnten sich die Teilnehmenden zunächst stärken, bevor die beiden Oberstufenschülerinnen Hannah-Sophie Boschen und Amy Siegel aus einem Augenzeugenbericht von Julius Katz lasen. Julius Katz wurde 1911 in Sontra geboren, war Kaufmann und letzter Gemeindevorsteher der jüdischen Gemeinde. Er erlebte die Reichspogromnacht in Sontra und wurde auch nach Buchenwald deportiert, konnte aber nach seiner Entlassung mit seiner Schwester und Mutter Deutschland noch verlassen. Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte er in Frankfurt und gab 1982 einem jungen Lehrer einen ausführlichen Bericht. Ausführlich erzählt er darin von den Gewaltausbrüchen in der Pogromnacht, den Steinwürfen durch die Fenster der jüdischen Mitbürger und ihrer Todesangst. Die Eindrücke und Erlebnisse, die er aus Buchenwald schilderte, machten einen tiefen und bedrückenden Eindruck auf alle Anwesenden.

    Pfarrerin Doris Weiland rief in einem Schlusswort dazu auf, diese Geschehnisse nicht zu vergessen und sich weiter gemeinsam für Menschlichkeit und Toleranz einzusetzen. Zum Abschluss wurde ein Blumengesteck an der Erinnerungstafel gegenüber der ehemaligen Synagoge aufgestellt.

  7. Viele Gäste aus Kassel besuchten Synagoge Abterode

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    Start mit einer Kaffeetafel

    Mitglieder der jüdischen Gemeinde Kassel, der Gesellschaft für Christlich-jüdische Zusammenarbeit und des Evangelischen Forums besuchten die ehemalige Synagoge in Abterode. Martin Arnold, der Vorsitzende des Vereins der Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens, und Friedhelm Junghans, Bürgermeister der Gemeinde Meißner, begrüßten die Gäste zunächst zu einer Tasse Kaffee im Evangelischen Gemeindehaus. Anschließend informierte der Vorstand des Vereins die Gäste in der Synagoge über viele Aspekte jüdischen Lebens im Gebiet des heutigen Werra-Meißner-Kreises. Martin Arnold berichtete von der jahrhundertelangen Geschichte der jüdischen Gemeinde Abterode und der 13 anderen jüdischen Gemeinden in der Region. Annamaria Zimmer erzählte vom Besuch der Holocaust-Überlebenden in Eschwege im Jahr 1989 und von der Entstehung einer Gedenkkultur. Melanie Salewski und Ludger Arnold berichteten über die Bildungsarbeit des Vereins in Zusammenarbeit mit den Schulen. Über Tablets, virtuelle Brillen und andere digitale Mittel, die der Verein nutzt, informierte Thomas Bartscher. Und schließlich berichtete Bernd Helbach über die Bemühungen des Vereins zur Rettung der ehemaligen Synagoge in Harmuthsachsen. Die Gäste aus Kassel zeigten sich beeindruckt von der Arbeit des Vereins. „Kann ich noch mal wiederkommen“, fragte eine Besucherin, „die Datenbank möchte ich mir noch einmal in Ruhe anschauen.“ Gäste sind jederzeit willkommen in Abterode. Termine für Führungen können über info@synagoge-abterode.de oder telefonisch über 05651-339281 verabredet werden.

    Gruppenfoto mit den Gästen

    Vorstandsmitglieder im Gespräch mit Gästen

    Melanie Salewski und Ludger Arnold mit Prof. Dr. Dietfried Krause-Vilmar

    Martin Arnold erläutert den Gebrauch der virtuellen Brille

  8. Keine Gewöhnung an Antisemitismus

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    Von links nach rechts: Andreas Hilmes, Arnold Baier, Dr. Martin Arnold, Uwe Becker, Ludger Arnold und Karsten Vollmar

    Der brutale Überfall der Hamas auf unschuldige Zivilisten in Israel am 7. Oktober hat unter Jüdinnen und Juden viele alte Ängste wieder aufleben lassen. „An keinem anderen Tag seit dem Holocaust wurden so viele Jüdinnen und Juden Opfer eines solchen Hasses“, sagte Uwe Becker, der Beauftragte des Landes Hessen für jüdisches Leben und für den Kampf gegen Antisemitismus. Er rief zur Solidarität mit Israel auf und mit Juden in aller Welt. Verantwortlich für den Terror seien nicht Muslime oder Palästinenser insgesamt, sondern die Hamas, die dazu aufgerufen habe, jüdische Einrichtungen weltweit anzugreifen und den Staat Israel zu vernichten. Auch in Deutschland sei der Antisemitismus nach wie vor verbreitet. Er beklagte zudem ein großes Unwissen über jüdisches Leben.

    „Was können wir tun gegen Antisemitismus?“ Etwa 60 Personen waren der Einladung der Johannisberg-Schule Witzenhausen und des Vereins der Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis zu einem Podiumsgespräch gefolgt, darunter zahlreiche Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte. Andreas Hilmes, der Schulleiter der Johannisberg-Schule, beklagte, dass am Morgen des Tages der Eingangsbereich der Schule mit SS-Runen beschmiert worden sei. „Wir lassen uns davon aber nicht einschüchtern, die Schmierereien wurden sofort beseitigt.“ In den Schulen gebe es inzwischen viele Migranten aus Ländern, in denen der Antisemitismus eine Art ‚Staatsräson‘ sei. „Wir brauchen starke, selbstbewusste Kinder“, so Hilmes, „das hilft auch gegen Antisemitismus.“ Karsten Vollmar vom Staatlichen Schulamt in Bebra forderte die Schulen auf, bei jedem Vorfall zu reagieren. Man dürfe nichts unter den Tisch kehren. Er sicherte für die Bearbeitung die Unterstützung des Schulamtes zu. Zugleich lobte er die Beteiligung der Schulen an Gedenkveranstaltungen für die Opfer des Nationalsozialismus. Arnold Baier von den Freundinnen und Freunden jüdischen Lebens rief dazu auf, das Thema stärker in den Unterricht aufzunehmen. Dabei gelte es, auch heutiges jüdische Leben in den Blick zu nehmen. Auch müsse besser über die Geschichte des Nahostkonfliktes informiert werden. Ludger Arnold, der das Podiumsgespräch moderierte, verlas auch ein Grußwort von Landrätin Nicole Rathgeber. Sie dankte den Veranstaltern für die Durchführung der Veranstaltung: „Ich möchte Sie alle herzlich darum bitten, lassen Sie uns gemeinsam gegen diejenigen stellen und argumentieren, die Hass und Gewalt säen wollen. Sie dürfen und werden sich nicht durchsetzen, wenn wir alle zusammenstehen.“

    Das Podiumsgespräch

    Staatssekretär Uwe Becker

    Dr. Martin Arnold, der Vorsitzende der Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens, lud dazu ein, die Arbeit des Vereins weiter zu unterstützen: „Wir brauchen gute Bildung, um den Antisemitismus zu durchschauen. Wir erinnern an die Opfer des Antisemitismus, vor allem aus unserer Region. Und wir ermöglichen Begegnungen mit jüdischem Leben, damit Respekt und Toleranz wachsen.“

  9. Laubhüttenfest in Eschwege? Laubhüttenfest in Eschwege!

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    Lisa Eyser (links) und Evelina Tolpina

    In Eschwege gibt es keine jüdische Gemeinde. Und doch wurde dort jetzt das jüdische Laubhüttenfest („Sukkot“) gefeiert. Es erinnert an den Auszug aus Ägypten, als das Volk Israel in der Wüste in Laubhütten übernachtete. Eingeladen hat der Verein „Interkulturelles Miteinander im Werra-Meißner-Kreis“. Und viele kamen in das Evangelische Gemeindehaus der Auferstehungskirche, das zurzeit dem Sozialen Stadtteilladen als Ausweichquartier dient. Unter den Festgästen waren Flüchtlinge aus der Ukraine mit jüdischen Wurzeln, aber auch Angehörige anderer Religionen und Freiwillige in der Flüchtlingsarbeit. Zu Beginn gedachte die Festgemeinde mit einer Schweigeminute an die Opfer des Krieges in Israel und im Gazastreifen und sang das Lied „Hewenu Shalom alechem“ (Wir wünschen Frieden euch allen). Die Festgäste waren eingeladen, Challa-Brot mit Honig zu probieren und viele andere Speisen zu probieren, die traditionell zum Laubhüttenfest gehören. Vor dem Gemeindehaus war eine Laubhütte („Sukka“) aufgebaut, in der Kinder spielten. „Es ist wirklich ein schönes „interkulturelles Miteinander“, sagte Evelina Tolpina vom gleichnamigen Verein. Und Lisa Eyser vom „Sozialen Stadtteilladen“ ergänzte: „Auch so können wir den Ängsten, die der Krieg auslöst, etwas Positives entgegensetzen.“

  10. Der lange Weg zur Gleichberechtigung

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    „Unsere Untertanen, welche der mosaischen Religion zugetan sind, sollen in unseren Staaten dieselben Rechte und Freiheiten genießen wie unsere übrigen Untertanen“: Mit dieser Verordnung von Jerome Bonaparte, des Königs von Westfalen mit Sitz in Kassel, begann für Jüdinnen und Juden im Jahr 1808 das Zeitalter der Emanzipation. Doch es sollte noch viele Jahrzehnte dauern, die mit Rückschlägen verbunden waren, bis die Gleichberechtigung auch wirklich vollzogen war. Mia Balk, die sich an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf mit „Jüdischen Studien“ beschäftigte, hat nachgezeichnet, wie sich dieser Prozess in Eschwege vollzog. Sie stellte dabei das Jahr 1857 in den Mittelpunkt, in dem die Jüdische Gemeinde in Eschwege etwa 5% der Bevölkerung umfasste, weit mehr als im übrigen Deutschland. Die Gemeinde konnte eine neue repräsentative Synagoge errichten, eine neue öffentliche Schule eröffnen und einen eigenen Friedhof in Gebrauch nehmen. In eigenen Wohltätigkeitsvereinen, Bestattungsvereinen, einer Casino-Gesellschaft und einer jüdischen Loge entfaltete sie ein reiches soziales Leben. Viele Gemeindeglieder erlangten Wohlstand und Ansehen in der Stadt. Es gab jedoch auch interne Diskussionen über die Verortung der Gemeinde zwischen Anpassung an die Mehrheitsgesellschaft und Treue zur traditionellen jüdischen Lebensweise. Es war kaum vorstellbar, dass dieser Emanzipationsprozess im Jahr 1933 mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten ein jähes Ende nehmen würde.

    Dr. Karl Kollmann, der Vorsitzende der Historischen Gesellschaft des Werralandes, konnte zu dem Vortrag von Mia Balk in der Aula der Volkshochschule viele Zuhörerinnen und Zuhörer begrüßen. Er dankte Mia Balk für ihren wissenschaftlichen Vortrag und nutzte die Gelegenheit, um auch eine Stellungnahme der „Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra-Kreis“ zum Angriff der Hamas auf Israel vorzulesen. Darin heißt es: „Wir werden nach wie vor alles in unserer Macht Stehende tun, in Deutschland und vor allem in unserer Region das Gedenken an die Shoah aufrechtzuerhalten, den Schwachen und Angegriffenen auch bei uns beizustehen – und Antisemitismus ebenso wie antimuslimischen Rassismus und jede andere Form von Rassismus und Gewalt entschieden zu bekämpfen.“

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