Author Archives: martin.arnold

  1. Der Duft der Mutter

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    Erinnerungen an eine Kindheit im Iran

    Behjad Mehdizadeh

    Zu einem interkulturellen Abend hatten die „Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens“, der Ausländerbeirat Eschwege, das Evangelische Forum Werra-Meißner und die Evangelische Familienbildungsstätte Werra-Meißner eingeladen. Behjat Mehdizadeh, eine 1957 im Iran geborene Schriftstellerin, las aus ihrem Buch „Unter dem Tschador meiner Mutter“. Der Tschador ist ein großes, meist dunkles Tuch, das vor allem von Frauen im Iran als Umhang um Kopf und Körper gewunden wird und lediglich das Gesicht oder Partien des Gesichtes frei lässt. Für das Mädchen, von dem Behjad Mehdizadeh erzählt, symbolisiert er die emotionale Nähe und Geborgenheit zu ihrer Mutter. Sehr anschaulich und sinnlich beschreibt sie, wie der Tschador gewaschen wird, wie die Mutter im Tschador betet oder wie sie ihre Mutter bei der Geburt eines Geschwisterkindes zum ersten Mal ohne Tschador erblickt. Die Lesung wurde bereichert durch persisch-orientalische Musik. Samira Mamarzadeh spielte auf der Harfe und Markus Wach auf der Setar und der Kamancheh. Die etwa 55 Besucherinnen und Besucher wurden mit einem Tee zu der Veranstaltung begrüßt und hatten nach der Lesung Gelegenheit, bei einem orientalischen Imbiss miteinander ins Gespräch zu kommen. „Ein sehr bewegender Abend, ergreifende Literatur, wunderschöne Musik“, sagte ein Besucher. Bernd Helbach von den Freundinnen und Freunden jüdischen Lebens ergänzte: „Auch für unseren Verein (FFJL) ist Erinnerungsarbeit und biografische Recherche von zentraler Bedeutung. Wir verstehen diese Arbeit jedoch auch interkulturell, anders ist das vielleicht heute gar nicht mehr möglich. Uns alle hier verbindet die Arbeit für ein gutes und respektvolles Zusammenleben in der Vielfalt der Kulturen.“

    Bernd Helbach und Ainaz Bazanjideh

  2. Wie Jérôme Bonaparte, König von Westfalen in Kassel, Juden gleiche Rechte zusprach

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    Juden sollten dieselben Rechte und Freiheiten genießen wie alle anderen Untertanen: Diese revolutionäre Neuerung verkündete Jérôme Bonaparte im Jahr 1808 in einem sogenannten „Emanzipationsdekret“. Über Jahrhunderte hinweg waren Jüdinnen und Juden in Hessen diskriminiert worden. Jetzt, unter französischer Herrschaft, sollten alle gleich sein. An dieses besondere Ereignis erinnerte Martin Arnold vom Verein der „Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis“ die französischen Besucherinnen und Besucher aus Landivisiau in der Bretagne. Im Rahmen eines Besuches in ihrer Partnerstadt Bad Sooden-Allendorf informierten sie sich auch über die jüdische Geschichte in der Region Werra-Meißner.
    Auch wenn die französische Herrschaft nur wenige Jahre dauerte und mit der Rückkehr des hessischen Kurfürsten auch die alten diskriminierenden Bestimmungen zurückkehrten, blieb der Gedanke der „Gleichheit“ vor dem Gesetz in der Welt. Tatsächlich erlangten Jüdinnen und Juden im 19. Jahrhundert gleiche Rechte. Und so konnte der in Abterode geborene Gumpert Bodenheim in Allendorf eine Papierwarenfabrik aufbauen, die bald zum Weltmarktführer aufstieg und vielen Allendörfern gute Arbeit bot.
    Auf die Emanzipation folgte jedoch die Vernichtung der jüdischen Gemeinden in der Zeit des Nationalsozialismus. Erschrocken zeigten sich die Gäste über den Antisemitismus und die Pogrome in jener Zeit. Mit einem Gang über den großen jüdischen Friedhof in Abterode schloss die Spurensuche der französischen Gäste.

  3. Steine und Blumen erinnern in Herleshausen an die Opfer des Nationalsozialismus

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    Schülerinnen und Schüler der Südringgauschule Herleshausen legten für die 48 jüdischen Opfer des Nationalsozialismus aus Herleshausen Steine auf dem jüdischen Friedhof ab. So wird die Trauer in der jüdischen Gemeinschaft zum Ausdruck gebracht. Anschließend legten sie Nelken auf die Gräber der 1593 Kriegsgefangenen aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion, die auf dem Friedhof gleich nebenan begraben liegen. So entspricht es dem Brauch in Russland.

    Der „Arbeitskreis Stolpersteine“ in Herleshausen und die „Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis“ hatten gemeinsam zu dieser Gedenkveranstaltung eingeladen. Die sowjetischen Kriegsgefangenen, die 1942 bis 1945 im „Stalag IX“ (= Stammlager; es reichte von Bad Orb über Kassel bis nach Bad Sulza/Thüringen) an Tuberkulose erkrankten, wurden in ein dafür eingerichtetes „Seuchenlager“ an der Straße nach Frauenborn gebracht, wo sie durch mangelnde Versorgung gestorben sind. Sie wurden zum Teil auf dem jüdischen Friedhof in Herleshausen bestattet. „Der 9. Mai 1945 war nicht nur der Tag des Kriegsendes, sondern für Jüdinnen und Juden auch der Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus“, sagte Martin Arnold von den Freundinnen und Freunden jüdischen Lebens. Helmut Schmidt engagiert sich mit dem Arbeitskreis Stolpersteine seit Jahren für eine Gedenkkultur sowohl hinsichtlich der jüdischen Opfer des Holocaust aus Herleshausen als auch für das Gedenken an die dort begrabenen Kriegsgefangenen, die sowohl aus Russland als auch aus der Ukraine und aus vielen anderen Ländern der ehemaligen Sowjetunion stammen. „Teils wurden sie übereinander begraben, damals waren das alles „Russen“, niemand hat nach der Nationalität gefragt“, so Schmidt. Sowohl für die Nachfahren der jüdischen Opfer als auch für die Nachfahren der Soldaten sind die beiden Friedhöfe ein wichtiger Gedenkort. „Unsere Schülerinnen und Schüler sollen nicht nur abstraktes Wissen anhäufen, sondern durch das Miterleben und Mitgestalten solcher Gedenkveranstaltungen Geschichte mit Erlebnissen verbinden“, ergänzte Regina Nizold, die Schulleiterin der Südringgauschule. Die Schülerinnen und Schüler hatten sich freiwillig zur Teilnahme an der Gedenkveranstaltung gemeldet. Ihr Lehrer Christian Heine sprach das „Kaddisch“, das jüdische Trauergebet. Mit dem Gesang „Hewenu Schalom alechem“ (Wir wünschen Frieden euch allen) endete die Gedenkveranstaltung.

  4. Jüdische Gäste suchen nach Spuren der Vorfahren

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    Paulette und Hella Buchheim, zwei Schwestern aus Boston (USA), suchten und fanden in Harmuthsachsen, Herleshausen und Abterode Spuren ihrer Vorfahren. Beide sind Enkelinnen von Rosa Oppenheim, die im Jahr 1892 in Abterode geboren wurde. Rosa überlebte den Holocaust. Doch ihre Mutter Pauline Oppenheim wurde 1941 deportiert und starb 1942. Ihr Bruder Mose wurde 1943 im Konzentrationslager Auschwitz umgebracht, ihr Bruder Joseph wurde ein Opfer der Euthanasie.

    Nun standen die beiden in Abterode vor dem Haus, in dem ihre Urgroßeltern Hess Oppenheim und Pauline geborene Sorge gelebt hatten. Hess Oppenheim betrieb dort neben der ehemaligen jüdischen Schule ein Kolonialwarengeschäft. Auf dem jüdischen Friedhof in Abterode entdeckten sie viele Gräber der weit verzweigten Familie Oppenheim. Auch auf dem alten jüdischen Friedhof in Harmuthsachsen und auf dem jüdischen Friedhof in Herleshausen sind einige Vorfahren bestattet.

    Die beiden waren sehr beeindruckt von den vielen Spuren ihrer Familie in der Region, die bis in den Beginn des 18. Jahrhunderts zurückreichen. Sie fragten auch nach gegenwärtigem jüdischem Leben in Deutschland. „Leider gibt es keine jüdischen Gemeinden mehr im Werra-Meißner-Kreis“, erläuterte Martin Arnold von den „Freundinnen und Freunden jüdischen Lebens“. Dennoch sei das Interesse an jüdischer Geschichte, Kultur und Religion groß.

    Das erste Foto zeigt sie an den Grabstellen ihrer Ur-Ur-Großeltern auf dem jüdischen Friedhof in Abterode, das zweite zeigt von links nach rechts: Rolf Hocke (ehemaliger Pfarrer in Waldkappel), Paulette Buchheim und André Urbach-Range (Kirchenvorsteher Harmuthsachsen). Das dritte Foto zeigt Pfarrer i.R. Rolf Hocke mit Paulette Buchheim am Grab des Vorfahren Salomon Lorge auf dem neuen jüdischen Friedhof in Harmuthsachsen.

  5. Verein Heimatgeschichte Hebenshausen besuchte Synagoge Abterode

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    Foto von links nach rechts: Lars Klein, Helmut Steidl, Jan Tino Demel, Laura Wallmann und Arnold Baier

    Heimatgeschichte wird in Hebenshausen großgeschrieben. Erst kürzlich hat der Verein in der Gemeindeverwaltung Hebenshausen eine Ausstellung über „Hebenshausen im Nationalsozialismus“ gezeigt, die auf großes Interesse stieß. Dazu hatten Lars Klein, Jan Tino Demel und andere Vereinsmitglieder mit Zeitzeugen gesprochen und viele Dokumente entdeckt und zusammengetragen, die sie nach Themenbereichen geordnet in einer Ausstellung präsentierten.

     

    Ein Thema war dabei auch die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Hebenshausen. „Das ist großartig, was Sie hier zusammengetragen haben“, sagte Dr. Martin Arnold von den „Freundinnen und Freunden jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis. Er lud die Vereinsmitglieder zu einem Besuch des Lern- und Gedenkortes für jüdisches Leben in die ehemalige Synagoge nach Abterode ein. Dort informierte Laura Wallmann über die jüdische Gemeinde Hebenshausen, die seit dem 17. Jahrhundert nachweisbar ist. Die Gemeinde verfügte über eine Synagoge, eine eigene Schule und einen eigenen Friedhof. „Die jüdischen Familien in Hebenshausen lebten vorwiegend vom Handel mit Vieh, Fellen und Schreibwaren“, so Wallmann. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Gemeinde ausgelöscht. 15 Jüdinnen und Juden, die in Hebenshausen geboren waren oder länger am Ort gelebt hatten, wurden Opfer des Holocaust.

    Lars Klein zeigte sich beeindruckt von den vielen Informationen über jüdisches Leben in der Region, die in Abterode zugänglich sind. „Wir sollten unsere Erkenntnisse zusammentragen“, empfahl Martin Arnold. Da beide Vereine sehr digital ausgerichtet sind, sollte dies gut möglich sein. Eine enge Zusammenarbeit wird von beiden Seiten angestrebt.

  6. Griechische Gäste der „Werkstatt für junge Menschen“ besuchen Synagoge Abterode

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    Auch in Griechenland hat der Nationalsozialismus Angst und Schrecken verbreitet. „Mehr als 500 Männer und minderjährige Jungen wurden allein in Kalavryta am 13. Dezember 1943 von Soldaten der Deutschen Wehrmacht ermordet und der Ort wurde niedergebrannt,“ berichtete Panos Poulus. Er gehörte zu der Gruppe, die in der vergangenen Woche die Werkstatt für junge Menschen in Eschwege besuchte.

    Laura Wallmann und Martin Arnold von den Freundinnen und Freunden jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis informierten die Gäste über den Pogrom gegen Jüdinnen und Juden in Abterode. „Seit 1933 wurden Juden bedrängt, Deutschland zu verlassen. Im November 1938 kam es zu einem Pogrom, um Juden in Angst und Schrecken zu versetzen. Die Synagoge wurde demoliert und verwüstet.“ 83 Jüdinnen und Juden, die in Abterode geboren waren oder lebten, wurden im Holocaust ermordet.

    Alle waren sich einig in der Einschätzung: „Das darf nie wieder passieren.“ Deshalb müssten insbesondere junge Menschen vor den Gefahren des Antisemitismus gewarnt werden. Die Aktion „Sühnezeichen Friedensdienste“ vermittelt Jugendliche in Freiwilligendienste in Kalavryta (Griechenland), in dem das Massaker geschah. Die Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis möchten insbesondere jungen Menschen vor Augen stellen, wozu Antisemitismus führen kann.

    „Eine schöne und wichtige Begegnung“, sagte Martin Arnold. Der Austausch wird im Rahmen des Bundesprogrammes für Partnerschaft und Demokratie, vom Deutsch-Griechischen Jugendwerk und aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds Plus gefördert. Im April wird eine Gruppe von acht Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus Eschwege, die an der berufsvorbereitenden Maßnahme „AQUA“ („Ausbildung, Qualifizierung und Arbeit“) teilnehmen, im Rahmen einer deutsch-griechischen Jugendbegegnung nach Griechenland reisen. Das gemeinsame Arbeitsprojekt dort soll zur Völkerverständigung beitragen und ermöglichen, mit gleichaltrigen jungen Leuten zusammen zu sein und auf diese Weise „Land und Leute“ besser kennenzulernen.

  7. Kinder der Frau-Holle-Schule Abterode besuchten Synagoge

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    Überrascht waren die Schülerinnen und Schüler der 4. Klasse, als sie hörten, dass es in Abterode eine große jüdische Gemeinde gegeben hat. Viele hatten zwar bisher schon im „Lädchen für Alles“ eingekauft, das heute im Untergeschoss der Synagoge untergebracht ist, aber den Lern- und Gedenkort im Obergeschoss hatten bisher nur wenige besucht. Martin Arnold und Arnold Baier von den „Freundinnen und Freunden jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis“ erzählten den Kindern, wie es in der Zeit des Nationalsozialismus dazu kam, dass viele Jüdinnen und Juden aus Abterode vertrieben oder gar ermordet wurden. Die Schülerinnen und Schüler setzten sich intensiv mit der biblischen Esther-Geschichte auseinander, die dort auf einer alten Pergamentschriftrolle aus Abterode erhalten ist. Die Geschichte wird jeweils zum jüdischen Purim-Fest gelesen, das in diesem Jahr am 6. und 7. März gefeiert wird. Großen Spaß hatten die Jungen und Mädchen dabei, jeweils viel Lärm zu machen, wenn der Name des bösen „Haman“ erwähnt wird, der alle Juden umbringen wollte. „Die Geschichte macht Mut, das Böse mit Klugheit auszutricksen“, so eine Schülerin.

  8. Duo KLARissimo begeistert in Reichensachsen mit Klezmer-Musik

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    Heidrun Paulus und Stefan Volz

    Das Duo „KLARissimo“ mit Stefan Volz (Klarinette) und Heidrun Paulus (Klavier) war in der Evangelischen Kirche in Reichensachsen zu Gast. Mehr als hundert Besucherinnen und Besucher erlebten Klezmer-Musik vom Feinsten. Zu dem umfangreichen Programm gehörten Klassiker wie „Donna, Donna“, „Hava Nagila“ oder „Bei mir bistu shein“, aber auch eher unbekannte Stücke wie „Zol Shoyn Kumen Di Geule“. Klezmer, so erläuterte Heidrun Paulus, ist die Musik des osteuropäischen Judentums, die ursprünglich von Wandermusikern in jiddischer Sprache aufgeführt und vor allem auf Hochzeiten gespielt wurde. „Das geht ins Herz, das geht unter die Haut“, sagte Pfarrerin Imme Mai, die gemeinsam mit ihrem Kollegen Dirk Panke das Duo eingeladen hatte. Das Konzert war ein Dankeschön der Kirchengemeinde Reichensachsen und des Kirchspiels Niederhone an ihre ehrenamtlich Mitarbeitenden für das freiwillige Engagement im vergangenen Jahr. Darüber hinaus waren auch viele andere Klezmer-Begeisterte in das Konzert gekommen, zu dem auch die „Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis“ eingeladen hatten. Auf besonderen Wunsch von Pfarrer Panke spielte das Duo zum Ausgang „Shalom aleichem“ („Frieden euch allen“). „Das wünschen wir heute besonders den Menschen in der Ukraine und in Russland, die unter dem Krieg zu leiden haben“, so Dirk Panke.

    Heidrun Paulus erläuterte den Hintergrund der Klezmer-Musik

    Stefan Volz an der Klarinette

  9. Liebe und Leid einer jüdischen Familie aus Abterode

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    Die Mitwirkenden von links nach rechts: Jonathan Panke, Laura Wallmann, Ludger Arnold, Thomas Bartscher, Simon Exner, Melanie Salewski und Martin Arnold. Im Hintergrund: Gisela Simon geborene Stern.

    Die Sterns waren eine große jüdische Familie in Abterode. Der Viehhändler und Metzger Louis Stern hatte als Soldat im Ersten Weltkrieg durch einen Granatsplitter sein Augenlicht verloren. In Rosa Katz fand er dennoch eine Frau. Den beiden wurde im Jahr 1931 die Tochter Gisela geschenkt. „Er hat mich sehr geliebt“, erzählte Gisela 1994 in einem Interview, „denn ich war wie ein Kind, von dem er nie gedacht hätte, dass er es haben würde. Und er und sein ältester Bruder, mein Onkel und meine Tante, lebten im selben Dorf mit zwei Kindern, zwei Jungen, die meine Cousins waren und sich sehr um mich kümmerten. Und wir hatten auch viele Tiere, wir hatten also ein sehr gutes Leben.“ Dies änderte sich jedoch bald. Die Erwachsenen waren antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt. Giselas Eltern zogen nach Frankfurt. Ihre Mutter starb dort an Krebs. Doch ihr Vater fand in Gertrud Fackenheim eine neue Frau. Im Jahr 1942 wurde die ganze Familie in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Wie durch ein Wunder überlebten alle drei und konnten in die USA emigrieren.

    Laura Wallmann sprach mit Jonathan Panke und Simon Exner über ihre Arbeit

    1994 berichtete sie in einem Videointerview von deren Schicksal. 25 Besucherinnen und Besucher hörten und sahen in der Synagoge Abterode Ausschnitte aus der Lebensgeschichte von Gisela Simon geborene Stern. Weitere 35 Personen waren online zugeschaltet, konnten sich jedoch mit Fragen und Beiträgen beteiligen. Darunter waren auch Larry und Mark Simon, die beiden Söhne von Gisela Simon, sowie Magdalena Scharf, ihre Schwiegertochter. Das englischsprachige Videointerview aus dem Jahr 1994 war von Jonathan Panke und Simon Exner übersetzt und mit deutschen Untertiteln versehen worden. Im Rahmen eines „Freiwilligen Sozialen Schuljahres“ engagieren sie sich für den Verein der „Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens“. Laura Wallmann sprach mit den beiden Jugendlichen über die technischen Herausforderungen der digitalen Filmbearbeitung. „Die waren enorm“, sagte Simon Exner. „Aber mich hat auch berührt, was Gisela Simon aus ihrem Leben erzählt hat“, ergänzte Jonathan Panke. Mark Simon, selbst professionell in der Filmbranche tätig, lobte die beiden Jugendlichen für ihr besonderes Engagement. Ludger Arnold dankte den beiden nicht nur für die umfangreichen Vorarbeiten, sondern auch für die technische Betreuung der Veranstaltung. „Mit diesen neuen technischen Möglichkeiten erreichen wir weit mehr Menschen als bisher.“

    Etwa 35 Personen nahmen online an der Veranstaltung teil.

    Magdalena Scharf (Bildschirm), Schwiegertochter von Gisela Simon, half als Übersetzerin.

  10. So viele Namen, so viel Leid

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    Zentrales Holocaust-Gedenken für den Werra-Meißner-Kreis in Herleshausen

    48 Namen von jüdischen Männern und Frauen, Kindern und Alten aus Herleshausen standen im Mittelpunkt des Holocaust-Gedenkens am 27. Januar. „Es waren keine Nummern, es waren Menschen mit einem Namen, Nachbarn hier in Herleshausen, die in der Nazizeit umgebracht wurden“, sagte Helmut Schmidt, Vorsitzender des Arbeitskreises Stolpersteine im Herleshäuser Werratalverein. Schülerinnen und Schüler der Südringgauschule hatten die Namen der Opfer auf Steine geschrieben, die sie am Platz der ehemaligen Synagoge in Herleshausen ablegten. Fast bedrückend war die Stille, die bei der Verlesung der Namen zu spüren war.

    Zu der Gedenkfeier waren etwa 150 Menschen aus Herleshausen und aus dem ganzen Werra-Meißner-Kreis, aber auch aus dem benachbarten Thüringen nach Herleshausen gekommen. „Herleshausen steht heute stellvertretend für die ehemals 14 jüdischen Gemeinden im Werra-Meißner-Kreis und für die Millionen Opfer des Holocaust aus ganz Europa“, sagte Martin Arnold, der Vorsitzende der „Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis“. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Gedenkfeier hatten Lichter mitgebracht und bildeten in der Dunkelheit eine lange Menschen- und Lichterkette vom Platz vor der Burgkirche bis zum Platz der ehemaligen Synagoge. Damit wurde die Verbindung von Christen und Juden symbolisch wieder hergestellt, die durch den Nationalsozialismus zerstört worden war.

    Vier der 48 Menschen aus Herleshausen wurden etwas ausführlicher vorgestellt, nämlich die 13-jährige Schülerin Rosie Ochs, die 32-jährige „Putzmacherin“ Hilda Voigt, der 29-jährige Chemiker Herbert Katzenstein und die 38-jährige Paula Hohmann, die wegen ihrer Behinderung umgebracht wurde. Sie standen beispielhaft für mehr als 800 Menschen aus dem Gebiet des heutigen Werra-Meißner-Kreises, derer in Herleshausen gedacht wurde. In einem Klagepsalm brachte Pfarrer i.R. Dr. Manfred Gerland zum Ausdruck, wie Juden und Christen angesichts dieses unvorstellbaren Leids vor Gott treten.

    „Wir wünschen Frieden euch allen“ sangen die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung unter Leitung des ehemaligen Herleshäuser Pfarrers Martin von Frommannshausen. Ludger Arnold von den Freundinnen und Freunden jüdischen Lebens dankte den vielen Mitwirkenden, auch der Polizei und der Feuerwehr. Zum Abschluss der Gedenkfeier erfreuten die Herleshäuser Landfrauen alle, die trotz Kälte und Regen teilgenommen hatten, mit heißen Getränken und einem kleinen Imbiss.

     

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