Archiv: Jul 2023

  1. Was glauben Juden, was glauben Christen?

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    15 Konfirmandinnen und Konfirmanden der Evangelischen Stadtkirchengemeinde besuchten mit ihrer Pfarrerin Sieglinde Repp-Jost den Lern- und Gedenkort in der ehemaligen Synagoge Abterode. Noch niemand von ihnen hatte bis dahin eine Synagoge von innen gesehen. „Was ist das für eine Schachtel da am Türpfosten?“, fragte sie Martin Arnold von den Freundinnen und Freunden jüdischen Lebens gleich zu Beginn. Schritt für Schritt lernten die Jugendlichen durch eigene Recherchen mit Hilfe von Tablets, was eine „Mesusa“, ein „Tallit“ oder eine „Kippa“ ist. Im Mittelpunkt stand jedoch das „Schma Jisrael“, eines der jüdischen Grundgebete: Höre, Israel, der HERR ist unser Gott, der HERR ist einer. Und du sollst den HERRN, deinen Gott, lieb haben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft. Da auch Jesus dieses Gebet als das „höchste“ bezeichnete, zeigt es die tiefe innere Verbindung von Judentum und Christentum. Doch es gibt auch einen tiefgreifenden Unterschied zwischen beiden, ergänzte Arnold. Dies ist etwa an der Einrichtung der jeweiligen Gottesdiensträume zu erkennen: „Im Kirchenraum ist alles auf das Kreuz hin ausgerichtet, in der Synagoge steht hingegen die Tora im Mittelpunkt.“

  2. Kirche und Judentum

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    Um das Verhältnis von Kirche und Judentum ging es bei einem Besuch des Kirchenvorstands der Evangelischen Auferstehungskirche in Eschwege in der Synagoge Abterode.

    Die 2000-jährige Geschichte der Kirche war über weite Strecken hinweg von Unverständnis, Vorurteilen und Hass gegenüber dem Judentum gekennzeichnet. Der christliche Antijudaismus war ein wesentlicher Anknüpfungspunkt für den rassischen Antisemitismus, der im 19. Jahrhundert entstand. In der Shoah wurden sechs Millionen Jüdinnen und Juden umgebracht und auch in der Region Werra-Meißner alle 14 jüdischen Gemeinden ausgelöscht.

    Das Erschrecken über die Shoah und die Mitverantwortung der Kirchen für den Antisemitismus hat zu einer Neubesinnung geführt. Sie fand ihren Ausdruck unter anderem in den „Zehn Thesen von Seelisberg“ (1947), der jüdischen Erklärung „Dabru emet – Redet Wahrheit“ (2000) und der Erklärung der Landessynode der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck zum Verhältnis von Juden und Christen (2021). In der Erklärung der Landessynode heißt es: „Die Landessynode sieht die Erkundung des besonderen Verhältnisses von Christen und Juden und die Einübung in die Begegnung weiterhin als unverzichtbare Aufgabe an. Sie bittet die Mitglieder der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, insbesondere alle Verantwortlichen in den Kirchengemeinden und Kreissynoden sowie in den Einrichtungen der Landeskirche nachdrücklich, daran mitzuwirken, dass die Verbundenheit zwischen Christen und Juden gestärkt und weiterentwickelt wird. Den damit zusammenhängenden theologischen Fragen soll auch in den Einrichtungen und Ausschüssen der Landeskirche dauerhaft entsprechende Aufmerksamkeit geschenkt werden.“

    Die Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher der Auferstehungskirche informierten sich besonders über die Geschichte der Jüdinnen und Juden in Abterode, Eschwege und in der Region Werra-Meißner. „Das war ein starker Impuls“, sagte Pfarrer Joachim Meister, „den wir gern in unsere Arbeit aufnehmen und unterstützen.“

  3. Margot Löbenstein erzählte, wie sie den Holocaust überlebte

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    Foto: Thomas Beck

    Nach einer langen Odyssee durch verschiedene Konzentrationslager konnte die Eschweger Jüdin Margot Löbenstein kurz vor Kriegsende im Jahr 1945 nach Schweden entkommen. Kurz vor ihrem Tod im Jahr 2015 erzählte sie einer Verwandten ihre Lebensgeschichte. Die Tonaufnahme dieser Erzählung wurde nun erstmals in der Synagoge Abterode öffentlich vorgestellt. An der Vorstellung nahmen auch Susana und Gabriela, die beiden nach dem Krieg geborenen Töchter von Margot Mezger geborene Löbenstein teil. Sie waren online aus Buenos Aires (Argentinien) zugeschaltet.

    Die Tonaufnahme war dem Verein der „Freundinnen und Freunde jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis“ durch Thomas Beck zu Verfügung gestellt worden, der sich zuvor intensiv mit der Lebensgeschichte von Margot Löbenstein beschäftigt hatte. Simon Exner und Jonathan Panke hatten im Rahmen eines „Freiwilligen Sozialen Schuljahres“ die Tonaufnahme technisch verbessert, aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt, mit Untertiteln versehen sowie mit Karten und Fotografien ergänzt. Dabei wurden sie unterstützt von Thomas Bartscher, der im Vorstand des Vereins mitarbeitet. 29 Personen verfolgten die Vorstellung in der Synagoge Abterode, weitere 24 waren online zugeschaltet. Magdalena Scharf und ihre Tochter Aimara übersetzten aus dem Deutschen und Englischen ins Spanische.

    „Die Veranstaltung war auch für unseren digitalen Lern- und Gedenkort eine große technische Herausforderung“, sagte Dr. Martin Arnold im Anschluss. Berührend war jedoch die Erzählung von Margot Mezger-Löbenstein selbst, die ihre Eltern und ihre Schwester im Holocaust verlor. „Nur wenige haben den Holocaust überlebt und von denen sind die allermeisten inzwischen verstorben“, sagte Ludger Arnold, der den Abend moderierte, „deshalb sind solche Zeitzeugenberichte besonders kostbar.“ Weitere Zeitzeugenberichte von Jüdinnen und Juden aus dem Gebiet des heutigen Werra-Meißner-Kreises sind in der Synagoge Abterode vorhanden und können dort angeschaut werden.

    Von links nach rechts: Thomas Bartscher, Martin Arnold, Simon Exner, Frank Koch, Ludger Arnold und Jonathan Panke

    Thomas Beck informiert über die Lebensgeschichte von Margot Mezger-Löbenstein

  4. Erstkontakt mit den Spuren jüdischen Lebens in der Region

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    24 Schülerinnen und Schüler der Anne-Frank-Schule in Wanfried besuchten die Synagoge und den jüdischen Friedhof in Abterode. Die allermeisten hatten noch nie eine Synagoge von innen gesehen und auch noch keinen jüdischen Friedhof besucht. In Begleitung ihrer Lehrkräfte Petra Heinemann und Lina Eisenhuth fuhr die Gruppe von Wanfried mit Linienbussen nach Abterode. Dort wurden sie von Arnold Baier und Martin Arnold begrüßt. Beide gehören zu den „Freundinnen und Freunden jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis“.

    Am Beispiel der Abteröder Synagoge lernten die Schülerinnen und Schüler die typischen Einrichtungsgegenstände einer Synagoge kennen: Den Tora-Schrein, das Lesepult und das Ewige Licht. Mithilfe von Tablets recherchierten sie in der Datenbank des Vereins über die Spuren jüdischen Lebens in Wanfried. Eine jüdische Gemeinde bestand in Wanfried schon im 16. Jahrhundert. Ein Protokollbuch des jüdischen Gemeindevorstands aus dem Zeitraum 1661 bis 1768 harrt noch auf eine wissenschaftliche Auswertung. Wie in vielen anderen Orten wurde auch in Wanfried in der Zeit des Nationalsozialismus nicht nur die Synagoge abgerissen, sondern auch die Gemeinde ausgelöscht.

    An den Besuch der Synagoge schloss sich ein Gang zum jüdischen Friedhof an. Er ist einer der größten und ältesten jüdischen Friedhöfe in Hessen. Mit Hilfe von Bildkarten erkundeten sie die symbolischen Zeichen, mit denen viele Grabsteine geschmückt sind. Der jüdischen Trauerkultur entsprechend legten sie auf manchen Grabsteinen kleine Steine ab. Einige fotografierten auch besonders ansprechende Grabdenkmäler.

    Die Zeit verging wie im Flug. „Am 10. September ist wieder ‚Tag des offenen Denkmals‘“, sagte Arnold Baier. „Da ist Gelegenheit, mit virtuellen Brillen den unzerstörten Innenraum der Eschweger Synagoge zu entdecken.“ Einige werden sich diese Gelegenheit sicher nicht entgehen lassen.

  5. Jüdische Familie aus den USA sucht nach den Spuren ihrer Vorfahren in Eschwege

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    Von links nach rechts: Laura Wallmann, Matthias Beck, Abby Freeman, Anna Maria Zimmer, Naomie Freeman, Arnold Baier, Morris Freeman, Martin Arnold, Danuta Baier-Neuding und Thomas Bartscher

    Naomi Freeman, ihr Mann Morris und ihre Tochter Abby hatten sich auf den Weg gemacht von New York nach Eschwege, um nach den Spuren ihrer Vorfahren zu suchen. Begleitet und unterstützt wurden sie dabei von den Freundinnen und Freunden jüdischen Lebens im Werra-Meißner-Kreis. Im Mittelpunkt des Interesses stand Tirza Rosenberg, die Mutter von Naomi Freeman. Sie wurde am 2. November 1927 in Eschwege geboren. Ihre Eltern waren der Kaufmann Bernhard Rosenberg und Meta geb. Pappenheim. Die Familie, zu der auch die Geschwister Ernst (geb. 1921), Hildegard (geb. 1925) und Josef (geb. 1933) gehörten, bewohnte ein großes Haus mit Geschäftsräumen in der Sedanstraße 2-4 (heute Schillerstraße 2, Ecke Bahnhofstraße). Der Familie gelang 1939 gerade noch rechtzeitig die Flucht in die USA.

    Auf dem jüdischen Friedhof in Eschwege konnte ihnen Anna Maria Zimmer die Gräber ihrer Vorfahren zeigen. An der Schloss-Apotheke fanden sie den Stolperstein ihres Verwandten Ludwig Pappenheim, der schon 1933 verhaftet und 1934 im Konzentrationslager Bürgermoor bei Papenburg erschossen wurde. Beim Stadtrundgang waren die Gäste erstaunt über die vielen Stolpersteine. Sie besuchten auch die ehemalige Synagoge und die ehemalige jüdische Schule auf dem Schulberg. Arnold Baier zeigte ihnen den Lern- und Gedenkort in der Synagoge Abterode, in dem unter anderem auch ein Zeitzeugenvideo mit Tirza Rosenberg zu sehen ist, in dem sie über ihre Kindheit in Eschwege berichtet. Sie waren auch hocherfreut als sie ein Foto der Familie Kahn aus dem Jahre 1938 entdeckten mit Werner Kahn in der Mitte auf seiner Bar Mitzwa Feier. Sie machten sofort ein Foto und sandten es ihrem Verwandten nach Brasilien, wo Joseph Rosenberg noch lebt.

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